Stiftsherren unter dem Perlachturm
Um 1060 errichtete Bischof Embrico von Augsburg in der Kaufmannssiedlung am Perlach eine Peterskirche, möglicherweise an der Stelle einer älteren Kapelle. Dort lebte eine kleine Gemeinschaft von Klerikern. Aus ihr entstand bald ein Kollegiatstift. Die wirtschaftliche Grundlage bildete 1067 das Dorf Lamerdingen auf dem Lechfeld - eine Schenkung des Edlen Swigger von Schwabegg und seiner Gemahlin Peretha. Die Grafen von Schwabeggg waren in jener Zeit auch die Vögte des bischöflichen Stadtherrn und hielten am Perlach das Gericht. Die Dominanz des Kirchturms von St. Peter stand damit wohl in Zusammenhang.
Der ursprüngliche Kirchenbau fiel einem Brand zum Opfer. Erhalten blieb aus der Zeit um 1060 jedoch der untere Teil des mächtigen Turms. Die heutige Kirche St. Peter, nach dem Mariendom der älteste Sakralbau in Augsburg, geht in ihrem Kern auf das Jahr 1182 zurück. Die mit drei gleich breiten Hallenschiffen versehene Anlage gilt als einer der ersten großen Ziegelbauten der Romanik in Süddeutschland. Aus ihrer Entstehungszeit stammt die Statuette eines thronenden "Christus als Weltenrichter" (Original heute im Maximiliansmuseum, Augsburg).
1260 bauten die Bürger von Augsburg neben dem Stift St. Peter ihr erstes Rathaus am Ort des vormaligen bischöflichen Vogtgerichts. Der Turm von St. Peter barg bis zu ihrer Einschmelzung im Jahr 1813 eine große Glocke als Symbol der städtischen Freiheit. Die Bedeutung des Perlachturms zeigt sich auch in der Verdoppelung seiner Höhe im Jahr 1526 auf Kosten der Stadt und einer nochmaligen Aufstockung durch den berühmten Baumeister Elias Holl. Spätestens zu dieser Zeit, vielleicht auch schon 1526 erhielt der Turm ein mechanisches Theater - das "Turamichele". Es präsentiert bis heute jeweils am 28. und 29. September eine lebensgroße Figur des Erzengels Michael.
Ungeachtet der Bedeutung seines Turms für die Reichsstadt verblieb das Kollegiatstift am Perlach selbst bis 1802 unter der Landeshoheit des Hochstifts Augsburg. Der Bischof bestimmte auch den Stiftspropst von St. Peter. Die Kanoniker, zumeist drei bis fünf an der Zahl, waren jedoch stets der Reichsstadt verbunden. So besaßen alle Stiftsherren ab 1429 automatisch das Augsburger Bürgerrecht. Meist stammten die Kanoniker von St. Peter ohnehin aus Familien des einheimischen Patriziats.
Im 18. Jahrhundert bildete St. Peter für die katholischen Einwohner der Stadt und des Umlands ein besonderes Zentrum der Volksfrömmigkeit. Hier verehrt man bis heute das barocke Gnadenbild der "Maria Knotenlöserin". Hervorzuheben bei der Ausstattung ist das Hochaltarblatt "Christus als guter Hirte" (1625) von Johann Matthias Kager.
1802 wurde das Stift säkularisiert. Von 1807 bis 1811 war die Kirche vorübergehend geschlossen. Nach der Zerstörung durch die Bombenangriffe 1944 wurde sie in der Nachkriegszeit nach dem Vorbild des romanischen Vorgängerbaus wieder errichtet. Heute betreuen Jesuiten die Kirche am Rande des geschäftigen Ratshausplatzes im Herzen von Augsburg.