Dillingen, Franziskanerinnenkloster


 

GESCHICHTE

Von Dillingen in die Welt - Franziskanerinnen und Lehrerinnen

Das Marienkloster in Dillingen geht zurück auf Graf Hartmann IV. von Dillingen und Kyburg sowie seinen Sohn Hartmann, den späteren Bischof von Augsburg. Die Haustradition überliefert als Stiftungsdatum 1241. Wenige Jahre später, 1258, übertrug Bischof Hartmann die Stadt Dillingen als sein ererbtes Eigentum an das Hochstift Augsburg.
Der Frauenkonvent, genannt "Die Große Sammlung zu Dillingen", lebte geraume Zeit nach einer eigenen Satzung, wohl ähnlich Beginen oder Seelfrauen. In der Regierungszeit des Augsburger Bischofs Degenhard (1303-1307) übernahm die freie Schwesternvereinigung die allgemeine Regel des Dritten Ordens der Franziskaner. Die Frauen waren also weder in Klausur, noch unterlagen sie dem Armutsgebot. Die Seelsorge für den Konvent oblag Patres aus dem Barfüßerkloster in Augsburg.
Am Lichtmessabend des Jahres 1438 fiel die ursprüngliche Klosteranlage, direkt an der Stadtmauer gelegen, einem Großbrand zum Opfer. Eine Generation lang lebte der Konvent in provisorischer Unterkunft. Der Wiederaufbau der Klostergebäude erfolgte erst um 1465. Wohl aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammt ein monumentales Kruzifix in der heutigen Klosterkirche.
Von 1627 an bis zur Säkularisation standen die Dillinger Franziskanerinnen unter der direkten Aufsicht des jeweiligen Bischofs von Augsburg. Schwerwiegende Eingriffe in das innere Gefüge des Konvents folgten: 1627 wurde die Seelsorge den Dillinger Jesuiten übertragen; 1629 zwang Bischof Heinrich von Knöringen die Terziarinnen zur Annahme ewiger Gelübde und vor allem in strenge Klausur.
Im Dreißigjährigen Krieg floh ein großer Teil des Konvents vor den heranrückenden Schweden 1632 nach Tirol. Die Schwestern wurden in verschiedene Orte zerstreut und kamen teilweise erst 1642 wieder nach Dillingen. Im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert scheinen die "Grauen Schwestern", oft adliger Herkunft oder die Töchter fürstbischöflicher Beamter, recht selbstbewusste Frauen gewesen zu sein, deren Lebensweise bei den Klerikern immer wieder auf Missfallen stieß.
1729 wählte der Konvent Aloisia Erlacher im vorgeschriebenen Mindestalter von knapp 40 Jahren zur "Meisterin". Sie führte im Auftrag des Fürstbischofs Alexander Sigismund das Kloster in das Zeitalter des Barock; ab 1736 entstanden gleichzeitig ein neuer Konventbau und eine große Klosterkirche nach Plänen des Hofbaumeisters Johann Georg Fischer. Noch vor der Vollendung der immensen Bauarbeit fiel Mutter Aloisia, übrigens eine Brieffreundin der hl. Crescentia Höß von Kaufbeuren, einer Intrige zum Opfer. Sie wurde 1742 ihres Amts enthoben, blieb jedoch aufgrund ihrer Fähigkeiten die Baumeisterin des Klosters.
Geprägt vom Geist der kirchlichen Aufklärung eröffnete der letzte Augsburger Fürstbischof Klemens Wenzeslaus einen neuen Abschnitt im Leben des Konvents. Die Franziskanerinnen sollten "nützlich". Sie übernahmen deshalb ab 1774 in Dillingen den Volksschulunterricht für Mädchen. Die Seelsorge behielten auch nach der Auflösung der Gesellschaft Jesu (1773) ehemalige Jesuiten der Dillinger Universität.
Gemäß dem Reichsdeputationshauptschluss (§ 26) fiel das Kloster 1803 an den Deutschen Orden. Die Stadt Dillingen selbst war hingegen bereits 1802 bayerisch geworden. 1805 überließ der Deutsche Orden das Kloster dem Kurfürstentum Bayern. Mit dem 1. Oktober 1805 wurden die Dillinger Franziskanerinnen offiziell "pensioniert"; der Tagessatz von zwanzig Kreuzern lag freilich am Existenzminimum. Einige Chorfrauen wurden jedoch in den bayerischen Schuldienst übernommen und verdienten so den Lebensunterhalt. Die Franziskanerinnen durften im ehemaligen Kloster weiterhin wohnen. Der Konvent, vierzehn Chorfrauen und sechs Hausschwestern, blieb so zusammen; von Austritten ist nichts bekannt. Da die Aufnahme von Novizinnen verboten war, sank die Zahl der Schwestern im Lauf der Jahre.
Nach mehrmaligen Bittschreiben erlaubte König Ludwig I. im April 1827 eine "Restauration des Klosters zum Zwecke des Unterrichts der weiblichen Jugend in den Elementar- und Industriegegenständen". 1829 wurde die Restauration des Klosters zugleich mit der Aufnahme von zwei Novizinnen kirchlich vollzogen; vom Konvent der Säkularisationszeit lebten noch drei Chorfrauen und zwei Hausschwestern.
Seit 1843 ist Dillingen das Generalmutterhaus einer eigenen franziskanischen Kongregation. Gleichzeitig entstand in Höchstädt die erste Filiale; zahlreiche weitere folgten. Seit 1847 arbeiten die Franziskanerinnen auch in der Betreuung und Ausbildung von Gehörbehinderten.
Die Kongregation der Dillinger Franziskanerinnen umfasste nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als 2000 Schwestern. Von 1968 bis 2000 befand sich die Generalleitung in Rom, nun ist sie wieder in Dillingen beheimatet. Derzeit zählt die Kongregation rund 1000 Schwestern in Deutschland, Schweiz, Albanien, Spanien, Nordamerika, Brasilien und Indien.

( Christian Lankes )



 

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