Himmelkron


 

GESCHICHTE
Himmelkron ? Zisterzienserinnen, Prinzessinnen und Diakonissen

In den Weihnachtstagen des Jahres 1279 übergab Graf Otto IV. von Orlamünde (gest. 1291) die auf einem Bergsporn oberhalb des Weißen Mains gelegene Burg in Pretzendorf dem Orden der Zisterzienser zur Gründung eines Klosters. Dies geschah mit Zustimmung seiner Gemahlin Agnes von Truhendingen und der drei Söhne. Die Stiftungsurkunde nennt eine ganze Reihe von Beweggründen: ?aus göttlicher Eingebung, zur Vergebung der Sünden und zum Heil unserer Seelen?. Wegen der Nähe zum Kloster Langheim war das Generalkapitel in Cîteaux dem ursprünglichen Wunsch zur Gründung eines Männerklosters nicht nachgekommen. Vermutlich als Kompromiss erfolgte die Errichtung des Frauenklosters, dessen erster Konvent aus Sonnefeld kam. Visitator war der Abt von Langheim. Mit dem Bau der Kirche und des oberen Klosterhofs wurde bald nach 1279 begonnen. Obwohl das Kloster ?Corona coeli?, also ?Himmelkron?, mit Ländereien und Einkünften umfassend ausgestattet war, entließ das gräfliche Haus seine Stiftung nie völlig aus seiner Aufsicht. Bis 1340 diente Himmelkron als Grablege der Grafen von Orlamünde und zahlreicher weiterer Adelsgeschlechter aus der Umgebung.

Auf dem Erbweg kam das Kloster im Jahr 1338 an die Burggrafen von Nürnberg, den späteren Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach. Unter der Äbtissin Elisabeth von Künßberg (gest. 1484) legte man 1473 den Grundstein zu einem spätgotischen Kreuzgang. Trotzdem scheint das Kloster damals von schweren Problemen gezeichnet gewesen zu sein. 1456 und 1481 veranlasste das Generalkapitel strenge Visitationen im Himmelkron. Bei einer weiteren Visitation im Jahr 1497 wurde insbesondere eine Reform der Klausur verabredet. Die Regierung der Äbtissin Magdalena von Wirsberg (reg. 1499?1523) brachte eine letzte Blütezeit für das Kloster, das sogar im Bauernkrieg von 1525 unangetastet blieb. Deshalb konnten nach 1530 der Nord- und Südflügel des unteren Klosterhofs errichtet werden.

Die Markgrafen schlossen sich 1529 der Reformation an und suchten den Besitz an sich zu ziehen. Bis 1548 wehrten sich die Klosterfrauen. Dann wurden die Äbtissin Margareta von Döhlau und einige Nonnen ebenfalls evangelisch. Bis zu ihrem Tod 1569 blieb Margaretha von Döhlau die Verwalterin der Liegenschaften. Erst danach wurde Himmelkron formell säkularisiert.

Im Markgräflerkrieg des Jahres 1553 waren Teile des Inventars geraubt und die Gebäude teilweise schwer beschädigt worden. Später dienten sie als Wohnsitz von markgräflichen Prinzessinnen und Hofdamen. 1578 richtete man eine Erziehungs- und Waisenanstalt für Kinder adliger Familien ein und 1581 schuf man zur Verwaltung ein landesherrliches Kloster- und Stiftsamt. 1590 wurde die Klosterkirche zur evangelischen Pfarrkirche von Himmelkron.

Der Dreißigjährige Krieg zog die Gebäude erneut in Mitleidenschaft.

Im späteren 17. Jahrhundert fanden die Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach Gefallen an der ehemaligen Klosteranlage und bauten sie zur Sommerresidenz aus. Zwischen 1699 und 1719 entstand der Prinzenbau nach Plänen von Antonio della Porta und unter der Leitung von Paul Decker d. Ä. Gleichzeitig wurde die Kirche im Inneren barockisiert und den protestantischen Bedürfnissen angepasst. 1735 richtete man in der einstigen Grablege der Nonnen eine Fürstengruft ein, im Volksmund ?Ritterkapelle? genannt. 1760 wurde der spätgotische Kreuzgang zum Teil abgebrochen. Dank der Fürsprache des Ortspfarrers Johann Daniel Alberti bei Markgraf Friedrich (1735?1763) konnte wenigstens der Nordflügel vor der Zerstörung bewahrt werden. Im Jahr 1791 ließ Markgraf Karl Alexander (1769?1791) das Anwesen aufteilen und verkaufte die Parzellen als Wohnungen. Bald lebten an die 200 Personen im vormaligen Schloss bzw. Kloster. Seit 1893 konnte das Diakoniewerk von Neuendettelsau die Gebäude Stück für Stück erwerben und betreibt heute dort Pflege- und Unterrichtsanstalten.

Wegen der starken Eingriffe in die Bausubstanz durch die Markgrafen im 17. und 18. Jahrhundert sind aus klösterlicher Zeit im Wesentlichen nur noch die Kirche und der Nordflügel des Kreuzgangs erhalten. Die vormalige Abteikirche St. Maria dürfte ihren Bauformen nach zu urteilen im späten 13. Jahrhundert begonnen und in der Mitte des 14. Jahrhunderts vollendet worden sein. Ihr für Zisterzienserinnenkirchen kennzeichnendes strenges Bauschema hat sich trotz aller Veränderungen erhalten: rippengewölbter Altarraum mit 5/8-Schluss, Laienkirche für die Angehörigen des Klosters und ? übereinander ? Gruftkirche und Nonnenempore. Über der Trennwand zwischen dem Nonnenchor und der Laienkirche erhebt sich ein barocker Dachreiter. Unter den Stuckdekorationen des frühen 18. Jahrhunderts lässt sich die Bauplastik der Gotik nicht zuletzt am Maßwerk der Fenster noch gut ablesen. Größter baulicher Rest aus klösterlicher Zeit ist die steinerne Empore, über die es dem Priester möglich war, den Klosterfrauen im Nonnenchor die Kommunion zu spenden.

Geschichtlich wertvolle Zeugnisse des Zisterzienserinnenklosters bilden zwei Dutzend erhaltene Grabplatten in der Kirche. Hervorzuheben ist der Stein für den im Jahr 1340 gestorbenen Grafen Otto VII. von Orlamünde. Nahezu vollplastisch herausgearbeitet, zeigt die Skulptur einen Ritter in voller Rüstung mit allen Attributen seines Standes. Auffällig ist das Detail der kräftigen sehnigen Hände. Kunstgeschichtlich ungleich bedeutender ist das Grabmal der Äbtissin Agnes von Orlamünde (gest. 1354): Fein, fast filigran modelliert, hebt sich das Relief der Ordensfrau im Habit mit Krummstab und Buch vom Hintergrund ab. Die grazile Gestalt der Frau mit den edlen Gesichtszügen wird jenem Meister zugeschrieben, der das Grabmal des Bischofs Friedrich von Hohenlohe im Dom zu Bamberg geschaffen hat.

Kunstgeschichtliches Hauptwerk von Himmelkron ist der erhaltene Nordflügel des Kreuzgangs: Zwei Eckjoche und sieben Binnenjoche werden von einer Tonne mit Stichkappen auf gratig gewundenen Diensten überwölbt. In die Füllungen der durch feine Rippen gegliederten Gewölbefelder sind Reliefs aus Sandstein eingelassen. Dort entfaltet sich ein vielfältiges Engelskonzert in diesem spätgotischen ?Himmel?. Einige Engel singen und andere musizieren auf seltenen Instrumenten wie einem Portativ oder einem Monochord. Die Wand zur Kirche trägt Reliefs aus Sandstein mit Motiven aus der Heilsgeschichte. In der Mitte des östlichen Eckjochs ist das Familienwappen der Künßberg eingelassen. In anderen Feldern symbolisieren Stuckreliefs von zwölf Herolden mit zugehörigen Spruchbändern deutsche und ausländische Rittergesellschaften. Obgleich stark dezimiert, kündet der verbliebene Nordflügel mit seiner aufwändigen Bauplastik eindrucksvoll von der Schönheit des Kreuzgangs von 1473.

(Erich Schneider)



 

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AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Himmelkron, ehem. Zisterzienserinnen-Klosterkirche, Innenansicht, 13./14. Jh., 1699 barockisiert.
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Meister, G.)

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