Unterzell


 

GESCHICHTE

Unterzell bei Würzburg - Hexenprozess im Paradies

Das Kloster Unterzell entstand nach 1126 als Frauenkonvent der Prämonstratenser im Doppelkloster Zell. Bereits für das Jahr 1130 wird von einem eigenen Frauenkloster "zum Paradies" berichtet.
Um 1230 baute man für die Chorfrauen eine neue eigene Klosteranlage, etwa eine gute Viertelstunde Fußweg von den Chorherren entfernt, und trennte so das Frauenkloster als "Cella Inferior" (Unterzell) von der Männerabtei Oberzell. Ihrem Abt unterstanden die Frauen de iure bis in das 13. Jahrhundert. Der älteste Beleg für eine "magistra", also "Meisterin", genannte Vorsteherin von Unterzell fällt in das Jahr 1259. Aus dieser Zeit stammt auch der heute noch erhaltene Kirchturm. 1351 übernahm das Kloster den Konvent aus Tückelhausen bei dessen Umwandlung in eine Kartause. Als Seelsorger des Frauenkonvents fungierten stets die Prämonstratenser aus dem benachbarten Oberzell. Zudem blieben dessen Äbte de facto bis ins 16. Jahrhundert die eigentlichen Klosterherren.
Im großen Bauernkrieg von 1525 wurde Unterzell schwer verwüstet. 1556 war sein exklusiv adliger Konvent erloschen. 1573 hob Fürstbischof Julius Echter das Kloster auch offiziell auf. Den Stiftsbesitz verwendete Bischof Echter zur Ausstattung seiner neuen Universität in Würzburg.
1606 erlangte der Orden der Prämonstratenser vom Kaiser einen Befehl an den Fürstbischof von Würzburg zur Wiederherstellung des Klosters Unterzell. Das Bistum musste dazu von 1609 bis 1611 sogar einen Neubau erstellen. Dieser gefiel nun auch den Würzburger Jesuiten, die ihn als Noviziat nutzen wollten. Die rechtliche Übergabe an die Prämonstratenser verzögerte sich dadurch bis zum Jahr 1630. Bedingt durch den Einfall der Schweden in Franken 1631 bis 1634 konnten die Prämonstratenserinnen erst 1642 in Unterzell einziehen. Die Wiederbesetzung des Konvents geschah durch niederrheinische Chorfrauen aus Meer bei Neuss. Sie betrieben von 1646 bis 1708 auch eine Mädchenschule. Das Priorat war einem Propst aus dem Männerkloster Oberzell unterstellt.
An eine besonders dunkle Epoche in Franken mitten in der Epoche der Aufklärung erinnert das Schicksal der Subpriorin Renata Singer. Sie wurde 1749 als eine der letzten Hexen in Deutschland hingerichtet.
Bei der Säkularisation im Jahr 1803 zählte der recht vermögende Konvent 36 Chorfrauen. Nach ihrem Auszug wurden die Gebäude verkauft und in Privatwohnungen umgebaut. Die Kirche diente zeitweise als Ziegenstall. Drei Altäre hatte man nach Oberdürrbach verkauft. Im Kriegsjahr 1945 brannte die Anlage völlig aus; die Kirche ist lange eine Ruine geblieben. Heute dient das wieder errichtete Gebäude als evangelische Pfarrkirche.

( Christian Lankes / Markus Schütz )



 

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