Elisabeth Dann
geb. 1906 in Augsburg, Vater Großhändler (»Gebrüder Heymann«), Hochfeldstraße 15 1/6

Elisabeth stammt aus einer alten, sehr angesehenen jüdischen Familie. Ihr Vater Albert Dann (geb. 1868) war »Kommerzienrat« und Wohltäter der Stadt Augsburg, er besaß eine Firma für Kurz- und Manufakturwaren, die er von seinem Schwager nach dessen Tod übernommen hatte. Er selbst stammte aus Frankfurt a. M., seine Frau Fanny, geb. Kitzinger (geb. 1876), aus Fürth. Das Paar heiratete 1899 und hatte fünf Töchter: Sophie, Thea, Elisabeth, Gertrud und Lotte. Zwei von ihnen, Elisabeth und Lotte, besuchten die Maria-Theresia-Schule. Thea (geb. 1901) starb schon 1918 und ist auf dem jüdischen Friedhof Augsburg, Haunstetter Straße, begraben. Die vier anderen konnten in den 1930er Jahren Deutschland verlassen. Auch die Eltern, Albert und Fanny Dann, emigrierten 1939 nach Palästina. Sophie ist 1993, Gertrud 1998 gestorben, beide in England. Auch die Eltern Dann zogen 1950 aus Israel nach England, wo Albert 1960, Fanny 1969 starb.
Elisabeth besuchte nach der Volksschule zunächst, wie alle fünf Dann-Töchter, das A. B. von Stettensche Institut, eine private Mädchenschule. Weil das »Stetten« damals aber nur eine Mittelschule anbot und Elisabeth studieren wollte, wechselte sie nach drei Jahren, 1920, an die Maria-Theresia-Schule, wo kurz zuvor ein Gymnasialzweig eingerichtet worden war, und besuchte hier die Klassen G4–G9.
1921 feierte Elisabeth in Augsburg gemeinsam mit sechs anderen jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« (Batmizwah: Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
 


Nach dem Abitur 1926 studierte Elisabeth ein Semester lang Geschichte und Philosophie in München, dann ein weiteres Semester Wissenschaft des Judentums in Berlin. Ihrer Neigung zur Theologie stand jedoch entgegen, dass sie die Verpflichtung zu orthodox-jüdischer Lebensweise ablehnte. So wechselte sie zur Philologie (Germanistik und Englisch) und studierte nach Berlin in München und London (King’s College).
Wieder zurück in München, wohnte Elisabeth mit ihrer Schwester Lotte zusammen, die ihr Medizinstudium begann, und erwarb 1933 ihr Diplom. Nach Zwischenstationen in England und Schweden, wo sie als Lehrerin arbeitete, wanderte sie 1937 nach Palästina aus. Dort heiratete sie den Anwalt Dr. Siegfried (Shlomo) Stern (geb. 1903 in Würzburg), den sie in München kennengelernt hatte, und bekam zwei Kinder.
Als Zionist war Siegfried zweimal, in München und Berlin, in Schutzhaft genommen worden, bis er 1935 nach Palästina auswanderte. Erst 1940 wurde er in Haifa wieder als Rechtsanwalt und Notar zugelassen und konnte eine kleine Praxis betreiben.
Nach 1950 unternahm Elisabeth (hebr. Elisheva) mehrere Reisen nach Europa. 1959 starb ihr Mann. Mitte der 1960er Jahre zog sie in einen Kibbuz zu Tochter, Schwiegersohn und Enkeln. Als Buchbinderin und Sprachlehrerin hat sie bis ins Alter von über 90 Jahren gearbeitet.
1985 trafen sich die vier Dann-Schwestern in Augsburg anlässlich der Neueinweihung der Synagoge in der Halderstraße.
Elisabeths Erinnerungen, die Gernot Römer, zusammen mit denen ihrer Schwestern, 1998 herausgab, sind auf Juli 1995 datiert.
 


Elisheva Stern, geb. Dann, starb im Frühjahr 2012 im Kibbuz Maoz Haim.

Literatur:
Elisabeth Stern, »Ein schweres, aber schönes Leben«, in: Gernot
Römer (Hrsg.), Vier Schwestern. Die Lebenserinnerungen von Elisabeth, Lotte, Sophie und Gertrud Dann aus Augsburg, Augsburg 1998, S. 67–104.
Albert Dann, Erinnerungen an die Augsburger jüdische Gemeinde (verfasst 1944 und 1959), unveröffentlicht; Auszüge in: Gernot Römer unter Mitarbeit von Ellen Römer, Der Leidensweg der Juden in Schwaben. Schicksale von 1933–1945 in Berichten, Dokumenten und Zahlen, Augsburg 1983, S. 27–41.
Peter Fassl, »200 Jahre Stetten-Institut«, in: A. B. v. Stettensches Institut und A. B. v. Stettensche Stiftungen (Hrsg.), 200 Jahre Stetten Institut, Augsburg 2005, S. 130–166.
Reinhard Weber, Das Schicksal der jüdischen Rechtsanwälte in Bayern nach 1933, München 2006, S. 168 u. 261 (zu Siegfried Stern).
   
 
 
 
  Lotte Dann
geb. 1912 in Augsburg, Vater Großkaufmann, Hochfeldstraße 15 1/6

Lotte stammt
aus einer alten, sehr angesehenen jüdischen Familie. Ihr Vater Albert Dann (geb. 1868) war »Kommerzienrat« und Wohltäter der Stadt Augsburg, er besaß eine Firma für Kurz- und Manufakturwaren, die er von seinem Schwager nach dessen Tod übernommen hatte. Er selbst stammte aus Frankfurt a. M., seine Frau Fanny, geb. Kitzinger (geb. 1876), aus Fürth. Das Paar heiratete 1899 und hatte fünf Töchter: Sophie, Thea, Elisabeth, Gertrud und Lotte. Zwei von ihnen, Elisabeth und Lotte, besuchten die Maria-Theresia-Schule. Thea (geb. 1901) starb schon 1918 und ist auf dem jüdischen Friedhof Augsburg, Haunstetter Straße, begraben. Die vier anderen konnten in den 1930er-Jahren Deutschland verlassen. Auch die Eltern, Albert und Fanny Dann, emigrierten 1939 nach Palästina. Sophie ist 1993, Gertrud 1998 gestorben, beide in England. Auch die Eltern Dann zogen 1950 aus Israel nach England, wo Albert 1960, Fanny 1969 starb.
Lotte, die jüngste der Dann-Schwestern, besuchte nach der Volksschule zunächst, wie die vier anderen auch, das A. B. von Stettensche Institut, eine private Mädchenschule. Weil das »Stetten« aber damals nur eine Mittelschule anbot und Lotte studieren wollte, wechselte sie 1926, so wie zuvor schon ihre Schwester Elisabeth, an den Gymnasialzweig der Maria-Theresia-Schule.
Am 25. Mai 1928 feierte Lotte in Augsburg gemeinsam mit drei anderen jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« (Batmizwah: Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
 


1932 absolvierte Lotte das Abitur und begann in München Medizin zu studieren. 1933, nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, ging Lotte zusammen mit Elisabeths Freundin Erna Weil nach Turin. Dort legte sie 1935 das Anatomie-Examen ab, arbeitete weiter am Institut und promovierte schließlich 1938. Um antijüdischen Schikanen zu entgehen, zog sie 1939 nach England, zunächst zur verwitweten Tante ihrer Mutter, Minna Dunkels (anglisiert aus Dünkelsbühler), in London, dann fand sie Arbeit an einem wissenschaftlichen Institut in Cambridge. In der zweiten Jahreshälfte 1940 wohnte sie vorübergehend in London bei ihrer ebenfalls emigrierten Freundin Anneli Lerchenthal, verheirateter Bunyard, dann wieder in Cambridge. 1944 heiratete Lotte in London den exilierten Politiker und Historiker Paolo Treves (geb. 1908).
1945 zog das Paar nach Italien, 1952 wurde ihr Sohn Claudio geboren. 1958 starb Paolo Treves. Lotte arbeitete als wissenschaftliche Übersetzerin und unternahm viele Reisen, etwa nach Israel und in die USA, auch nach Deutschland.
1985 trafen sich die vier Dann-Schwestern in Augsburg anlässlich der Neueinweihung der Synagoge in der Halderstraße.
Lottes Erinnerungen, beendet 1997, sind zusammen mit denen ihrer Schwestern 1998 von Gernot Römer herausgegeben worden.
2003 nahm Lotte Treves an mehreren Veranstaltungen des Jüdischen Kulturmuseums Augsburg teil (»Lebenslinien. Deutsch-jüdische Familienschicksale«) und unser Arbeitskreis konnte mit ihr ein Zeitzeugengespräch führen.
Lotte Treves, geb. Dann, starb 2018 in Rom.
 




Literatur:
Lotte Treves, »Mit tiefer Dankbarkeit blicke ich zurück«, in: Gernot Römer (Hrsg.), Vier Schwestern. Die Lebenserinnerungen von Elisabeth, Lotte, Sophie und Gertrud Dann aus Augsburg, Augsburg 1998, S. 135–228.
Lotte Dann Treves, »Ricominciare sempre da capo«, in: Rivista di Storia dell’Università di Torino 1 (2012), Nr. 2, S. 15–118 (download: http://dx.doi.org/10.13135/2281-2164/279).
Maria Khavyna, Marina Bylinsky, und Richard Greiner, Brigitte Wölfel, »Gespräche mit Frau Dr. Lotte Treves, geb. Dann«, in: Peter Wolf (Hrsg.), Spuren. Die jüdischen Schülerinnen und die Zeit des Nationalsozialismus an der Maria-Theresia-Schule Augsburg. Ein Bericht der Projektgruppe »Spurensuche« des Maria-Theresia-Gymnasiums, Augsburg 2005, S. 42f. und 44–50; auch auf dieser Website (s.u.).
Peter Fassl, »200 Jahre Stetten-Institut«, in: A.B.v. Stettensches Institut, A.B.v. Stettensche Stiftungen (Hrsg.), 200 Jahre Stetten Institut, Augsburg 2005, S. 130–166.

Zeitzeugen-Gespräche:
Gespräch am 10. November 2003 im Zeughaus Augsburg, anlässlich der vom Jüdischen Kulturmuseum Augsburg vorbereiteten Veranstaltung »Lebenslinien. Deutsch-jüdische Familienschicksale«,
aufgezeichnet von Maria Khavyna und Marina Bylinsky.


Gespräch am 26. Oktober 2004 in Rom, aufgezeichnet von Richard Greiner und Brigitte Wölfel.

 
 
 
Gella Deller
geb. 1888 in Fischach, Vater Kaufmann ebendort

Gellas Vater war der Viehhändler Kallmann oder Kalmann Deller (geb. 1862 in Fischach), ihre Mutter hieß Johanna oder Hannchen, geb. Schwarz (geb. 1864 in Osterberg). So wie Gella sollte auch ihre jüngere Schwester
Rosa die »Städtische Töchterschule« besuchen, die später »Maria-Theresia-Schule« hieß.
Gella besuchte die »Töchterschule« nur für ein Jahr, 1902/03 in Klasse 1.
Gellas Mutter Hannchen starb 1940 in Augsburg. Vater Kallmann, zuletzt wohnhaft in der Hochfeldstraße 6, war unter den Augsburger Juden, die Ende Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden; er starb dort am 15. Dezember desselben Jahres.
Gella wurde Anfang April 1942 nach Piaski in Polen deportiert und gilt als verschollen. Sie war nicht verheiratet.
Zwei Monate lang, von April bis Juni 1942, lebte auch der Ingenieur Arnold Hindls aus Brno (Brünn) in Piaski – für ihn war dies nur eine Verschleppungsstation von vielen, zwischen Theresienstadt und Ossowo. Über Piaski schreibt er in seinen Erinnerungen (Einer kehrte zurück, 1965): »Piaski, ein kleines Städtchen in der Lubliner Woiwodschaft, ringsum von Sand und Sümpfen und Wald umgeben, ist durch die Staatsstraße Lublin–Cholm (= Chelm) in zwei Teile geteilt, weshalb sich das ehemals große, von etwa dreitausend einheimischen Juden bewohnte Getto zu beiden Seiten der Staatsstraße ausbreitete. Nur waren die beiden Gettoteile jetzt, jeder für sich, mit hohen Bretterzäunen und Stacheldraht eingefriedet, mit großen, ständig bewachten Toren, die nur vormittags und nachmittags je eine Stunde am Tage geöffnet wurden und zur Staatsstraße hin abgeschlossen waren. … Die Häuser des Gettos waren zumeist aus Holz, mit nur kleinen Höfen, ineinandergeschachtelt, vorwiegend ebenerdig, manche einstöckig. … Im Städtchen gab es weder Wasserleitung noch Kanalisierung. Für die rund
 




sechstausend Menschen zählende Belegschaft der beiden Gettoteile ... gab es nur einen einzigen Brunnen mit annehmbarem Trinkwasser im südlichen Getto, von dem pro Person und pro Tag nur ein Kübel von zehn Liter Inhalt geholt werden durfte. ... Am Rande des südlich gelegenen Gettos, an der Staatsstraße, war in einem geräumigen, solid gebauten Gebäude das Kommando der SS untergebracht, dem das Getto unterstellt war. Von dem Balkon des Gebäudes konnte die SS beide Gettoteile sehr gut beobachten. Bei jedem Besuch dieser ›Herrenmenschen‹ gab es reichlich Ohrfeigen, Fußtritte und Peitschenhiebe, und ›nicht erlaubte‹ Lebensmittel, die ins Getto geschmuggelt worden waren, wurden beschlagnahmt. … An Hunger starben hier täglich zwanzig bis dreißig Menschen, die zu vollkommenen Skeletten abgemagert waren. … Trotz dieser katastrophalen Verpflegungsverhältnisse wurden alle arbeitsfähigen Männer und Frauen täglich gruppenweise zu Erd-, Garten- und Straßenunterhaltungsarbeiten herangezogen … Auch im Getto selbst gab es genug Arbeit, wie die Reinigung und Vertiefung der Abflussgräben und Rigolen, die Errichtung von Latrinen und immer wieder Latrinen, die nie ausreichten.«
Im Herbst 1942 wurden einige Juden aus Piaski nach Belzec, die übrigen, etwa 4000, nach Sobibor gebracht und dort ermordet. Sofort wurde das »Ghetto« durch Deportationen erneut belegt.
Der Name von Gella Deller ist auf einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte aufgeführt, die im Augsburger Rathaus zu besichtigen ist (Künstler: Klaus Goth).

Literatur:
Arnold Hindls, Einer kehrte zurück. Bericht eines Deportierten, Stuttgart 1965, S. 12–32.

 
 
 
Rosa Deller
geb. 1899 in Fischach, Vater Kaufmann in Augsburg

Rosas Vater war der Viehhändler Kallmann oder Kalmann Deller (geb. 1862 in Fischach), ihre Mutter hieß Johanna oder Hannchen, geb. Schwarz (geb. 1864 in Osterberg). So wie Rosa hatte auch ihre ältere Schwester
Gella die »Städtische Töchterschule« besucht, die später »Maria-Theresia-Schule« heißen sollte.
Rosa besuchte die »Töchterschule« von 1910 bis 1912 in den Klassen 2a und 3b.
Rosas Mutter Hannchen starb 1940 in Augsburg. Vater Kallmann, zuletzt wohnhaft in der Hochfeldstraße 6, war unter den Augsburger Juden, die Ende Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden; er starb dort am 15. Dezember desselben Jahres.
Rosa heiratete den Kaufmann Julius Herbst (geb. 1895) und zog im Januar 1940 zu ihm nach
München. Julius hatte nach der »Reichskristallnacht« 1938 seine Provisionsvertretung für Zigaretten aufgeben müssen. Das Ehepaar wurde am 20. November 1941 nach Kowno (Kaunas) in Litauen deportiert, so wie auch Johanna Bär, Stella Politzer und Dina Strauss. Fünf Tage später wurden die verschleppten Frauen, Männer und Kinder in Kowno erschossen.
»Für München lag die Federführung dieser Aktion bei der Stapoleitstelle im Wittelsbacher Palais an der Brienner Straße. Der hier für ›Judenfragen‹ zuständige SS-Hauptsturmführer Johann Pfeuffer … beauftragte … den Syndikus der Israelitischen Kultusgemeinde München, Julius Hechinger, mit der Benennung von 1000 Personen für die bevorstehende ›Evakuierung‹. … Die Information und Vorbereitung der Personen auf die Deportation war ebenfalls Aufgabe der Kultusgemeinde. Manche der zur Deportation bestimmten Menschen wurden schon Tage vorher, manche erst am Vortag des Transports an ihrem Wohnsitz abgeholt und mit Omnibussen in das Lager Milbertshofen an der Knorrstraße 148 gebracht.
 




Bei der Ankunft ... wurden die für die Deportation vorgesehenen Personen sofort einer Leibesvisitation unterzogen. Den Betroffenen war die Mitnahme von 50 kg Gepäck gestattet worden; für die ›Reisekosten‹ waren ... 50 Reichsmark zu entrichten. ... Zahlreiche Gegenstände wurden beschlagnahmt. Gleichwohl bemühte sich die Gestapo, den Menschen eine ›Normalität‹ vorzugaukeln, es
wurde versucht, die tödliche Bestimmung des Transports zu verschleiern und den Eindruck zu erwecken, es handle sich tatsächlich um eine ›Evakuierung‹ nach Osten, eine Verschickung zum Arbeitseinsatz an einem bislang noch unbekannten Ort. In den frühen Morgenstunden des 20. November 1941 erfolgte schließlich …
der etwa fünfzehnminütige Fußmarsch vom Lager an der Knorrstraße zum Bahnhof Milbertshofen. … Noch unmittelbar vor der Abfahrt des Zuges erhielt der leitende Beamte … die Mitteilung, dass der Transport nicht wie vorgesehen nach Riga, sondern nach Kaunas in Litauen geleitet werde. … Nach Aussage der begleitenden Wachmannschaft verlief der Transport nach Kaunas ›ruhig‹. Lediglich die unzureichende Wasserversorgung sorgte für Unruhe. … Die Zugfahrt dauerte drei Tage; die genaue Streckenführung ist nicht mehr zu rekonstruieren. An einem Samstagabend erreichte der Zug Kaunas. Die Münchner Juden wurden zu Fuß in das etwa sechs Kilometer nordwestlich vor der Stadt gelegene Fort IX geführt. … Am 25. November 1941 – nachdem man sie also noch zwei Tage in den verrotteten Verliesen des Forts festgehalten hatte – wurden die aus München deportierten Menschen gemeinsam mit anderen Juden … erschossen. Die Leichen der Ermordeten wurden in bereits ausgehobenen Gräben verscharrt. Bis zuletzt hatte man die Menschen über das ihnen vorherbestimmte Schicksal im Ungewissen gehalten« (A. Heusler).

 




Der Name von Rosa Herbst ist auf einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte aufgeführt, die im Augsburger Rathaus zu besichtigen ist (Künstler: Klaus Goth).

Siehe Andreas Heusler, Brigitte Schmidt, Eva Ohlen, Tobias Weger u. Simone Dicke, Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933–1945, Bd. 1 (A–L), hrsg. vom Stadtarchiv München, München 2003, S. 562.

Literatur:
Andreas Heusler, »Fahrt in den Tod. Der Mord an den Münchner Juden in Kaunas (Litauen) am 25. November 1941«, in: Stadtarchiv München (Hrsg.),
»… verzogen, unbekannt wohin.« Die erste Deportation von Münchner Juden im November 1941, Zürich – München 2000, S. 13–24.