Ruth Teutsch
geb. 1912 in Augsburg, Vater Rechtsanwalt, Justizrat, Bahnhofstraße 18 / II

Ruths
Vater war Dr. Arthur Teutsch (geb. 1875 in Nürnberg), ihre Mutter hieß Klara, geb. Holzinger (geb. 1884 in Ermreuth). Ruth hatte zwei Brüder, einen älteren, Walter (geb. 1909), und einen jüngeren, Erich (1919–2007).
Ruth besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1924 bis 1928 bis zur Klasse 6; vermutlich war sie 1922 in Klasse 1 eingetreten.
Nach der Schulzeit arbeitete Ruth als Textil-Designerin. Sie heiratete Josef Schwager (geb. 1901 in Cham), der ein Geschäft für Herren-Oberbekleidung führte. 1936 wurde dem Ehepaar ein Sohn geboren.
Die Familie emigrierte 1939 nach England, dann spätestens Anfang 1941 in die USA. In Salt Lake City kaufte Josef einen Laden. Ab 1947 unterrichtete Ruth Weberei im »Pioneer Craft House«, Salt Lake City.
Josef starb 1964 in Salt Lake City.
Ruth Schwager, geb. Teutsch, ist 2013 in Salt Lake City (Utah) gestorben.
Ruths Bruder Walter emigrierte 1939 in die USA, wo er Karriere als Dirigent und Musikprofessor machte.
Ruths Bruder Erich wanderte ebenfalls 1939 über England in die USA aus; ein halbes Jahr musste er im Kitchener Camp in Kent verbringen, wo viele Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich warteten, um zur Einwanderung in die USA zugelassen zu werden. In den USA heiratete er Hilda Wormser (geb. 1922), eine Tochter von Hedwig Frank.
Ruths Eltern wurden im August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Arthur starb dort am 21. Mai 1943; Klara wurde am 18. Mai 1944 nach Auschwitz verschleppt.
Ruths Neffe, Rabbi David Teutsch (geb. 1950), lebt in den USA. Er hat eine kurze Autobiografie, einschließlich Erinnerungen an Augsburg-Besuche, im Internet veröffentlicht.
 


Literatur:
loi (Autorkürzel), »Balsam auf die heilende Wunde«, in: Augsburger Allgemeine Zeitung vom 17. Oktober 2000, S. 31 (zu Eric Teutsch).
Rabbi David Teutsch, »A Rabbi from Augsburg«, auf der folgenden Website:www.infotrue.com/essteutsch.html (Stand: April 2019).
Reinhard Weber, Das Schicksal der jüdischen Rechtsanwälte in Bayern nach 1933, München 2006 (zu Arthur Teutsch).
 
 
 
Frieda Thanhauser
geb. 1891 in Augsburg, Vater Privatier

Friedas Vater war der Privatier Heinrich Thanhauser (1852–1906). Ihre Mutter hieß Mina, geb. Jakobi (1856–1916). So wie Frieda besuchte auch ihre ältere Schwester Karoline die »Städtische Töchterschule« (die 1914 den Namen »Maria-Theresia-Schule« erhielt), später auch Friedas Nichten Ilse und Klara Thanhauser.
Frieda besuchte die Töchterschule von 1903 bis 1905 in den Klassen 1 und 2.
Frieda wurde Anfang April 1942 von Augsburg nach Piaski in Polen deportiert und ist für tot erklärt.
Zwei Monate lang, von April bis Juni 1942, lebte auch der Ingenieur Arnold Hindls aus Brno (Brünn) in Piaski – für ihn war dies nur eine Verschleppungsstation von vielen, zwischen Theresienstadt und Ossowo. Über Piaski schreibt er in seinen Erinnerungen (Einer kehrte zurück, 1965): »Piaski, ein kleines Städtchen in der Lubliner Woiwodschaft, ringsum von Sand und Sümpfen und Wald umgeben, ist durch die Staatsstraße Lublin–Cholm (= Chelm) in zwei Teile geteilt, weshalb sich das ehemals große, von etwa dreitausend einheimischen Juden bewohnte Getto zu beiden Seiten der Staatsstraße ausbreitete. Nur waren die beiden Gettoteile jetzt, jeder für sich, mit hohen Bretterzäunen und Stacheldraht eingefriedet, mit großen, ständig bewachten Toren, die nur vormittags und nachmittags je eine Stunde am Tage geöffnet wurden und zur Staatsstraße hin abgeschlossen waren. … Die Häuser des Gettos waren zumeist aus Holz, mit nur kleinen Höfen, ineinandergeschachtelt, vorwiegend ebenerdig, manche einstöckig. … Im Städtchen gab es weder Wasserleitung noch Kanalisierung. Für die rund sechstausend Menschen zählende Belegschaft der beiden Gettoteile … gab es nur einen einzigen Brunnen mit annehmbarem Trinkwasser im südlichen Getto, von dem pro Person und pro Tag nur ein Kübel von zehn Liter Inhalt geholt werden durfte. … Am Rande des südlich gelegenen Gettos, an der Staatsstraße, war in
 




einem geräumigen, solid gebauten Gebäude das Kommando der SS untergebracht, dem das Getto unterstellt war. Von dem Balkon des Gebäudes konnte die SS beide Gettoteile sehr gut beobachten. Bei jedem Besuch dieser ›Herrenmenschen‹ gab es reichlich Ohrfeigen, Fußtritte und Peitschenhiebe, und ›nicht erlaubte‹ Lebensmittel, die ins Getto geschmuggelt worden waren, wurden beschlagnahmt. … An Hunger starben hier täglich zwanzig bis dreißig Menschen, die zu vollkommenen Skeletten abgemagert waren. … Trotz dieser katastrophalen Verpflegungsverhältnisse wurden alle arbeitsfähigen Männer und Frauen täglich gruppenweise zu Erd-, Garten- und Straßenunterhaltungsarbeiten herangezogen … Auch im Getto selbst gab es genug Arbeit, wie die Reinigung und Vertiefung der Abflussgräben und Rigolen, die Errichtung von Latrinen und immer wieder Latrinen, die nie ausreichten.«
Im Herbst 1942 wurden einige Juden aus Piaski nach Belzec, die übrigen, etwa 4000, nach Sobibor gebracht und dort ermordet. Sofort wurde das »Ghetto« durch Deportationen erneut belegt.
Der Name von Frieda Thanhauser ist auf einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte aufgeführt, die im Augsburger Rathaus zu besichtigen ist (Künstler: Klaus Goth).

Literatur:
Arnold Hindls, Einer kehrte zurück. Bericht eines Deportierten, Stuttgart 1965, S. 12–32.

   
 
   
  Ilse Thanhauser
geb. 1910 in Augsburg, Vater Kaufmann, Bahnhofstraße 16

Ilses Vater, der Viehhändler Nathan Thanhauser (geb. 1879 in Augsburg), war ein Bruder von Frieda und Karoline Thanhauser. Ilses Mutter hieß Natalie, geb. Hochherr (geb. 1880 in Berwangen). So wie Ilse besuchte auch ihre ältere Schwester Klara die Maria-Theresia-Schule. Die beiden Mädchen hatten noch einen jüngeren Bruder namens Heinrich (geb. 1915).
Ilse besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1924 bis 1926 in den Klassen 5a und 6a; vermutlich war sie 1920 in Klasse 1 eingetreten.
Im Mai 1925 feierte Ilse zusammen mit neun anderen jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah: Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
Im Jahr darauf machte Ilse an der Maria-Theresia-Schule den Lyzeums-Abschluss. Über ihre Schulzeit und die ihrer jüdischen Mitschülerinnen sagt sie heute (E-Mail vom 1. März 2006): »Damals hatten wir überhaupt keine Probleme – absolut kein Unterschied zu den anderen.«
1932 wanderte Ilse als Au-pair-Mädchen nach Italien aus und heiratete 1936 in Mailand Giulio (Julius) Baehr aus Köln, der als Vertreter einer Pinselfabrik in Italien arbeitete. 1940 brach der Kontakt zu ihren Eltern und ihrem Bruder ab. Giulio Baehr musste untertauchen, Ilse und ihre Tochter Ruth wurden zunächst in einem kleinen Ort bei Perugia interniert. Als Ruth ernstlich erkrankte, wurde ihr als internierter Jüdin lange die angemessene ärztliche Behandlung verweigert; erst nach einem halben Jahr ließ man Mutter und Tochter unter Aufsicht in Bologna wohnen, damit Ruth in der dortigen Klinik behandelt werden konnte. Im Dezember
1943 konnte Ilse
 


zusammen mit Giulio und Ruth wieder nach Norditalien fliehen; unter falschem Namen erwartete die Familie dort das Ende des Krieges und kehrte dann in ihre Mailänder Mietwohnung zurück. Ruth war durch die starke Verzögerung ihrer ärztlichen Behandlung geistig behindert.
Ilses Eltern und Bruder überlebten die Judenverfolgung nicht: Die Eltern wurden Anfang April 1942 nach Piaski in Polen verschleppt. Ilses Bruder Heinrich lebte seit Juni 1940 als Landarbeiter in einem »Jüdischen Umschulungslager« in Bielefeld, wo er faktisch Zwangsarbeit leistete. Über Zeitpunkt und Zielort von Heinrichs Deportation gibt es widersprüchliche Angaben; jedenfalls wurden alle bis dahin verbliebenen Insassen dieses Lagers im März 1943 nach Auschwitz deportiert.
Als Witwe lebte Ilse Baehr zusammen mit ihrer zweiten Tochter Nadia in der Nähe von Genua, zuletzt in einem Pflegeheim. Auf Italienisch verfasste sie einen autobiografischen Bericht. Nadia Baehr schrieb der Projektgruppe am 1. März 2006: »Voriges Jahr hat meine Mutter als Zeitzeugin in zwei Grundschulklassen über ihre Kriegserfahrungen gesprochen, nachdem die Lehrerinnen die Kinder anhand des Tagebuchs angemessen vorbereitet hatten; und am 27. Januar dieses Jahres haben sie meiner Mutter eine Karte geschickt, auf der sie sich bedanken, ›weil sie ihnen das Nicht-Vergessen gelehrt hat‹.«
Ilse Thanhauser Baehr ist 2009 gestorben.

(
Diese Kurzbiografie beruht auf Angaben von Ilse Baehr selbst sowie von ihrer Tochter Nadia.)
 


Siehe
Monika Minninger, Joachim Meynert, Friedhelm Schäffer, Antisemitisch Verfolgte, registriert in Bielefeld 1933-45. Eine Dokumentation jüdischer Einzelschicksale, Bielefeld 1985, S. 221, Nr. 1051 (zu Heinrich Thanhauser).
Joachim Meynert, Friedhelm Schäffer, Die Juden in der Stadt Bielefeld während der Zeit des Nationalsozialismus, Bielefeld 1983, S. 103–106, 120f. (zur Deportation der Juden aus dem Bielefelder »Umschulungslager«).

Zeitzeugen – Briefe und Erinnerungen:
Ilse Baehrs Autobiografie

zur Autobiografie (deutsch)

zur Autobiografie (italienisch)

Das USC Shoah Foundation Institute verzeichnet Video-Interviews von Überlebenden der Schoa, darunter Ilse Baehr, geb. Thanhauser.

   
  Karoline Than(n)hauser
geb. 1886 in Kriegshaber (bei Augsburg), Vater Kaufmann in Augsburg

Karolines Vater war der Güterhändler Heinrich Thanhauser (1852–1906). Ihre Mutter
hieß Mina, geb. Jakobi (1856–1916). So wie Karoline besuchte auch ihre jüngere Schwester Frieda die »Städtische Töchterschule« (die 1914 den Namen »Maria-Theresia-Schule« erhielt), später auch Karolines Nichten Ilse und Klara Thanhauser.
Karoline besuchte die Töchterschule von 1898 bis 1902 in den Klassen 1–4; die vierte Klasse war damals die Abschlussklasse.
Karoline heiratete 1908 den Düsseldorfer Kaufmann Simon Hochherr (geb. 1882). Die beiden Familien waren bereits miteinander verbunden, denn Karolines älterer Bruder Nathan Thanhauser hatte Simons ältere Schwester Natalie Hochherr geheiratet. 1910 wurde Karolines und Simons Sohn Heinz Hochherr geboren. Karoline starb schon 1914. Simon Hochherr heiratete ein zweites Mal; seine zweite Frau hieß Ella, geb. Lieser. 1938 zog Simon mit seiner Familie nach Amsterdam. Nach der Okkupation der Niederlande durch die Deutschen 1940 wurden die Hochherrs im Lager Westerbork interniert. Von dort verschleppte man Simon, seine Tochter Liselotte (aus zweiter Ehe) und seinen Sohn Heinz sowie dessen Ehefrau und dreijährige Tochter nach Auschwitz. Als einzige überlebte Simons zweite Ehefrau, Ella. Sie wurde von Westerbork nach Theresienstadt gebracht und 1945 dort befreit, kam in ein Schweizer Lager für
»displaced persons« und wanderte 1946 in die USA aus, wo sie 1976 starb.
 


NB: Das zweite -n- im Nachnamen beruht sicher auf einem Schreibfehler in den Schul-Jahresberichten. In einer Aufenthaltsanzeige im Stadtarchiv Augsburg steht, wie auch in den Dokumenten der Familie Hochherr (Leo Baeck Institute, New York), »Thanhauser«. Zudem endet der Vorname dort auf -a: Karolina Thanhauser.
 
Siehe den Online-Katalog des Leo Baeck Institute, New York (seit 2006 Teil des Katalogs des »Center for Jewish History«); dort sind Dokumente zur Geschichte der Familie Hochherr verzeichnet: http://www.lbi.org/ (Stand: Mai 2008).
   
  Klara Thanhauser
geb. 1908 in Augsburg, Vater Kaufmann, Bahnhofstraße 16

Klaras Vater, der Viehhändler Nathan Thanhauser (geb. 1879 in Augsburg), war ein Bruder von
Frieda und Karoline Thanhauser. Klaras Mutter hieß Natalie, geb. Hochherr (geb. 1880 in Berwangen). So wie Klara besuchte auch ihre jüngere Schwester Ilse die Maria-Theresia-Schule. Die beiden Mädchen hatten noch einen jüngeren Bruder namens Heinrich (geb. 1915).
Klara besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1918 bis 1920 in den Klassen 1 und 2; vielleicht blieb sie bis 1923 bis zur Klasse 5 auf der Schule. 
Anschließend belegte Klara einen Kurs auf einer Handelsschule und arbeitete dann in einem Büro. Später ging sie als Lehrschwester an ein Krankenhaus in Frankfurt am Main.
1937 heiratete Klara den Zigarrenfacharbeiter Siegfried Straußer (geb. 1904 in Schweinfurt) und zog zu ihm nach Schweinfurt.
Das Ehepaar wanderte auf die Philippinen aus. Die näheren Umstände erfuhr der gebürtige Berliner Frank Ephraim (der als Junge ebenfalls auf den Philippinen Zuflucht gefunden hatte), als er die 90-jährige Klara (Claire) im November 1998 für sein Buch Escape to Manila interviewte.
Klara hatte im Sommer 1938 in einer jüdischen Zeitung einen Artikel gelesen, in dem ein neues Einwanderungsprogramm der Philippinen vorgestellt wurde. Dieses Programm war vor allem den amerikanischen Gebrüdern Frieder, die in Manila Zigarren produzieren ließen, und dem Präsidenten Manuel L. Quezon zu verdanken. Leuten mit bestimmten Berufen, unter anderem Zigarrenarbeitern, wurde die problemlose Einreise zugesagt. Klara und Siegfried beantragten daraufhin ein Visum beim amerikanischen Konsulat in Frankfurt (die Philippinen waren von den USA noch nicht völlig in die Selbstständigkeit entlassen). Einen Tag nach dem Novemberpogrom 1938 wurde Siegfried inhaftiert und in das KZ Dachau
 




gebracht. Wenig später erhielt Klara den Bescheid, dass das Visum bewilligt war. Sie reiste mit dem Zug nach Frankfurt und legte dort die Situation dar. Der Konsul erklärte daraufhin schriftlich, Siegfried müsse dringend persönlich erscheinen, um sein Visum in Empfang zu nehmen und dann auf die Philippinen auszureisen, wo ihn eine amerikanische Firma eingestellt habe. Mit diesem Brief in Händen erreichte Klara bei der Gestapo die Freilassung ihres Mannes.
Siegfried brachte schwere Narben aus dem KZ mit und sprach nie über das, was er dort erlebt hatte. Im Februar 1939 schiffte er sich nach Manila ein, Klara folgte knapp ein halbes Jahr später (14. September 1939) und konnte auch Siegfrieds Vater mitnehmen.
Siegfried arbeitete in der Zigarrenfabrik »Helena«. Nach der Schließung der Firma 1941 führte das Ehepaar einen Wurstladen. Beide überlebten die Eroberung der Philippinen durch Japan ebenso wie die Rückeroberung durch die USA. Im Mai 1946 konnten sie in die USA übersiedeln. Sie arbeiteten in New York bei »Barton’s Chocolate«, einer bekannten Schokoladenfabrik.
Im Oktober 1992 hat Claire zusammen mit anderen emigrierten Augsburger Juden ihre Heimatstadt besucht.
Claires Ehemann Siegfried (»Fred«) starb 1992 in New York.
Claire Strausser, geb. Thanhauser, ist 2002 ebenfalls in New York gestorben.
Klaras Eltern und Bruder überlebten die Judenverfolgung nicht: Die Eltern wurden Anfang April 1942 nach Piaski in Polen verschleppt. Klaras Bruder Heinrich lebte seit Juni 1940 als Landarbeiter in einem »Jüdischen Umschulungslager« in Bielefeld, wo er faktisch Zwangsarbeit leistete. Über Zeitpunkt und Zielort von Heinrichs Deportation gibt es widersprüchliche Angaben; jedenfalls wurden alle

 




bis dahin verbliebenen Insassen dieses Lagers im März 1943 nach Auschwitz deportiert.

Siehe Monika Minninger, Joachim Meynert, Friedhelm Schäffer, Antisemitisch Verfolgte, registriert in Bielefeld 1933-45. Eine Dokumentation jüdischer Einzelschicksale, Bielefeld 1985, S. 221, Nr. 1051 (zu Heinrich Thanhauser).
Joachim Meyert, Friedhelm Schäffer, Die Juden in der Stadt Bielefeld während der Zeit des Nationalsozialismus, Bielefeld 1983, S. 103-106, 120f. (zur Deportation der Juden aus dem Bielefelder »Umschulungslager«).

Literatur
:
Frank Ephraim, Escape to Manila. From Nazi Tyranny to Japanese Terror, Urbana – Chicago 2003.
Eva-Maria Knab, »›Hände zur Versöhnung ausgestreckt‹. Jüdische Gäste suchen am Lech eigene Erinnerungen und neuen Kontakt zur Heimat«, in: Augsburger Allgemeine Zeitung vom 20. Oktober 1992.

   
  Anna Triest
geb. 1914 in Augsburg, Vater Kaufmann (»Lammfromm & Biedermann«), Geschäft Viktoriastraße 4

Annas Vater war Karl Triest (geb. 1879 in Bamberg), ihre Mutter hieß Franziska (Fanny), geb. Bettmann (geb. 1886 in Ebelsbach). Karl Triest war an der Firma
Lam(m)fromm & Biedermann beteiligt, einer »Weiß-, Strumpf- und Wollwaren-Großhandlung«. Anna hatte einen älteren Bruder namens Fritz (1911–1985).
Anna besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1924 bis 1933 in den Klassen 1–G9 und machte 1933 das Abitur.
Annas Bruder Fritz studierte Jura. Durch die antijüdische Gesetzgebung hatte er ab 1933 keine Berufsaussichten mehr in Deutschland. Er emigrierte 1933 nach Cincinnati (Ohio). Dort wurde er Inhaber einer Firma für Gewürzherstellung. 1943 trat er in die US-Army ein.
Anna wanderte 1937 ebenfalls nach Cincinnati aus. Dort arbeitete sie als Krankenpflegerin. Sie heiratete 1942 Heinrich Malsch, amerikanisiert »Henry E. Malsh« (geb. 1907 in Bamberg); das Ehepaar bekam einen Sohn. Henry starb 1956. Anna, in Amerika »Ann«, heiratete in zweiter Ehe Richard Robens (geb. 1898), der ebenfalls aus Deutschland stammte.
1938 emigrierten auch Annas Eltern nach Cincinnati. Dort arbeitete Karl als Verkäufer. Er starb 1965, seine Frau Franziska 1980.
Annas Onkel Berthold Triest (geb. 1886) war Wäschefabrikant in München. Er und seine Frau Lina, geb. Westheimer (geb. 1899 in Karlsruhe), flohen im September 1939 nach Luxemburg. Die Emigration in die USA gelang ihnen nicht mehr. Aus dem französischen Internierungslager Les Milles wurden sie im Sommer 1942 nach Auschwitz deportiert. Tochter Margot wurde durch das jüdische Kinderhilfswerk OSE (Oeuvre de secours aux enfants) vor der Deportation bewahrt. Sohn Heinz
 



(geb. 1923) hatte 1939 gerade noch in die USA fliehen können und kehrte mit der US-Armee nach Deutschland zurück. Mit dem Vornamen Howard wurde er amerikanischer Staatsbürger. Er war Übersetzer bei den Nürnberger Prozessen.
Zwei Großeltern von Anna, Moritz Triest (geb. 1850 in Maineck) und Rosa Westheimer, wurden im Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert. Moritz starb dort nach drei Monaten am 3. September. Rosa erlebte 1945 die Befreiung des Lagers.
Annas zweiter Ehemann, Richard Robens, starb 1979.
Ann Robens, geb. Anna Triest, starb im Sommer 2012 in den USA.

Siehe Andreas Heusler, Brigitte Schmidt, Eva Ohlen, Tobias Weger u. Simone Dicke unter Mitarbeit von Maximilian Strnad, Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933–1945, Bd. 2 (M–Z), hrsg. vom Stadtarchiv München, München 2007, S. 648f. (zu Berthold, Lina und Moritz Triest).

Dokumentarfilm:
Steve Palackdharry, Journey to Justice, USA 2006, DVD-Edition München 2008 (über Annas Cousin Howard – früher: Heinz – Triest und den Münchner Zweig der Familie).
   
 
  Gertrud Türkheimer
geb. 1916 in Augsburg, Vater Kaufmann, Wohnung Haunstetter Straße 21

Als Gertrud (oder »Trude«) 1926 in die Maria-Theresia-Schule eintrat, war ihr Vater schon gestorben. Ihre Mutter war
Elsa Türkheimer, geb. Levinger. Gertrud war eine Nichte von Karoline Levinger und eine Cousine von Hildegard Levinger. Im Haus der Familie Türkheimer wohnte eine Zeit lang Gertruds Mitschülerin Gerda Ruppin mit ihren Eltern.

Gertrud besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1926 bis 1932 in den Klassen 1–G6.

Am 2. Juni 1930 feierte Gertrud gemeinsam mit acht anderen jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah: Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
Nach der Schulzeit arbeitete Gertrud als Verkäuferin in der Buchabteilung des Kaufhauses Schocken in Augsburg. Sie emigrierte nach Brasilien und heiratete dort 1936 oder 1937 Siegfried Riegler (geb. 1912 in Augsburg), der in Augsburg bei der Firma »Wernecker & Farnbacher« angestellt gewesen war. Nach Brasilien zog dann auch
Gertruds Mutter Elsa.
Gertrud Riegler, geb. Türkheimer, ist 1968 in Curitiba, Brasilien, gestorben.