Schulchronik: Das Schuljahr 1936/37
(April 1936 bis März 1937)
 
 
 
   
  Lehrplan Rassenkunde und Vererbungslehre   F. Germann im Jahresbericht 1936/37   Bek. d. Staatsm. f. Unt. u. Kult. v. 15.6.1936 Nr. VIII 24689 über die Befreiung vom Schulunterricht   Brief eines deutschen Soldaten an die Wochenzeitung »Der Stürmer« (Nr. 26, Juni 1936)       F. Germann       F. Germann hatte im Jahresbericht 1929/30 geschrieben   Bek. d. Staatsmin. f. Unt. u. Kult. v. 31.7.1936 Nr. VIII 34725 über den jüdischen Religionsunterricht   Lehrerratssitzung am 1.9.1936 (Protokoll)   Bericht des Regierungspräsidenten K. Wahl vom 9.10.1936       F. Germann       Die Vereinigung ehemaliger Schülerinnen der Maria-Theresia-Schule Augsburg in ihrem Jahresbericht 1936       Bek. d. Staatsmin. f. Unt. u. Kult. v. 10.11.1936 Nr. VIII 49957 über den jüdischen Religionsunterricht       Bek. d. Staatsmin. f. Unt. u. Kult. v. 21.12.1936 Nr. VIII 57797 über den Wegfall des hebräischen Sprachunterrichts an den humanistischen Gymnasien   Bek. d. Staatsmin. f. Unt. u. Kult. v. 21.12.1936 Nr. VIII 58232 über die Aufhebung des Staatsjugendtages       Bek. d. Staatsmin. f. Unt. u. Kult. v. 20.2.1937 Nr. IX 50368 über … Prüfung der Staatsgesinnung und der Reinheit des Blutes der im Erziehungs- und Unterrichtswesen tätigen Personen          
                                                                                               
  »Lehrziel.
Der Unterricht soll die grundlegenden Kenntnisse über Rasse und Vererbung vermitteln und die Bedeutung zeigen, die der Rassenfrage und den Vererbungserscheinungen für das Leben und Schicksal des deutschen Volkes zukommt. Dadurch schafft ...
  »Ein besonderes Gepräge erhielt die erste Flaggenhissung … Schon gegen Ende des Schuljahres 1935/36 hatte sich die Zahl der dem BDM angehörenden Schülerinnen auf 91,8% erhöht, so dass die Führerin des Obergaus II/19 Schwaben die Anstalt ermächtigte, die HJ-Fahne zu führen … Am 22. April 1936 nun marschierten in Anwesenheit geladener Gäste sowie des Lehrerkollegiums unserer Anstalt und desjenigen der Reischleschen Mädchenhandelsschule, die ebenfalls dieses Recht ...   »Es ist wiederholt festgestellt worden, dass Anträgen auf Befreiung vom Schulunterricht Zeugnisse jüdischer Ärzte beigefügt worden sind. Solche Zeugnisse können – außer bei jüdischen Schülern – keine geeignete Grundlage für Befreiungen vom Schulunterricht oder von einzelnen Fächern oder für Entschuldigungen von Schulversäumnissen bilden.«   »… kann nicht begreifen, dass es heute noch Volksgenossen gibt, die beim Juden kaufen. Diese Leute scheinen längst vergessen zu haben, wie schamlos der Jude im Ausland den Boykott deutscher Waren betreibt. Auch bei uns in Augsburg gibt es eine Anzahl von Frauen und Männern, die heute noch Judengenossen sind. Ich behaupte: ›Diese Leute sind Verräter am Neuen Deutschland.‹«
(G. Römer, Der Leidensweg)
    »Von den Lehrern im Nebenamt legte der Lehrer für jüdischen Religionsunterricht, Herr Dr. Ernst Fränkl, der seit 1. Januar 1926 an unserer Schule Religionsunterricht erteilte, am 27. Mai 1936 seinen Dienst nieder, da er von seiner Kultusgemeinde in den erbetenen Ruhestand versetzt wurde. Auch Herr Bezirksrabbiner Dr. Ernst Jacob schied am Ende des Sommertrimesters infolge der Einstellung des jüdischen Religionsunterrichts aus … Den ausgeschiedenen Mitarbeitern sei im Namen der Schule für ihre Tätigkeit herzlich gedankt …«   Insgesamt drei Lehrer für israelitische Religion arbeiteten seit der Schulgründung nebenamtlich am MT: Samuel Steinfeld, Oberkantor, Dr. Ernst Fränkl, Religionslehrer, und Dr. Ernst Jacob, Bezirksrabbiner.   »Wegen Überschreitung der Altersgrenze trat am 1. Juli 1929 unser israelitischer Religionslehrer, Herr Oberkantor Samuel Steinfeld, in den Ruhestand. Er hatte Schülerinnen unserer Anstalt seit 1895 unterrichtet und erteilte seit 1907 den an der Anstalt selbst eingerichteten Religionsunterricht. Unter herzlichem Danke für die der Schule geleisteten wertvollen Dienste verabschiedeten wir uns von ihm am 28. Juni 1929 in einer schlichten Feier und wünschen ihm einen langdauernden, gesegneten Ruhestand …«   »1. An den bayerischen Schulen wird künftig kein lehrplanmäßiger jüdischer Religionsunterricht mehr erteilt. Den jüdischen Kindern bleibt es unbenommen einen privaten Religionsunterricht zu besuchen.

2. In den Schulzeugnissen ist der jüdische Religionsunterricht nicht mehr zu berücksichtigen.

3. Für den jüdischen Religionsunterricht dürfen
keine staatlichen oder gemeindlichen Mittel mehr
aufgewendet werden ...

  »… Sodann erhielten alle Säle des 2. Stockes Steckdosen mit Rundfunkanschluss, so dass die Schulfunkübertragungen in jedem dieser Säle mit einem Lautsprecher gehört werden können. Von amtlichen Verfügungen werden bekannt gegeben und besprochen:

1. In jeder Klasse hat in den nächsten Tagen der Klassleiter oder der Geschichtslehrer Friedrichs des Großen zu gedenken, dessen 150. Todestag auf den 17. August 1936 fiel.

2. Jüdischer Religionsunterricht wird ab 1.9.1936 in den Schulen nicht mehr gegeben.«

  »Um eine bessere Beschickung des Augsburger Marktes mit Schlachtvieh zu erreichen, wurden auf Veranlassung der Stadtverwaltung die jüdischen Viehhändler wieder auf dem Schlachtviehmarkt, von dem sie bislang ausgeschlossen waren, zugelassen. Diese Maßnahme war angeblich deshalb erforderlich, weil gerade diese Händler Qualitätsvieh um Augsburg herum aufkauften und dann auf den Münchner Märkten, auf denen sie nicht ausgeschlossen waren, absetzten.«
(G. Römer, Der Leidensweg)
    »Für folgende Geschenke wird … herzlich gedankt: für das am 4. September 1936 als Geschenk des Führers überwiesene vierbändige Werk von H. Stegemann ›Geschichte des Krieges‹ …

Am 12. September 1936 erlebten wir im Gemeinschaftsempfang den Aufmarsch der HJ auf dem Nürnberger Parteitag und die Rede des Führers. Am 21. September 1936 feierten wir den Tag des deutschen Volkstums, wobei Professor Dr. Keßler die Ansprache hielt …

    »Auf Grund Beschlusses der Vorstandschaft vom 9. November 1936, wonach künftig bei Neuaufnahmen die Nürnbergergesetze in Betracht zu ziehen sind, haben ihren Austritt erklärt:

Cramer Klara, verh. Berberich [richtig: Berberich Klara, verh. Cramer]
Einstoß Frieda [in den Schul-Jahresberichten meist: Frida]
Einstein Beate
Einstein Brunhilde
Engländer Elisabeth [richtig: Englaender]
Farnbacher Gertrud ...

    »Zum Vollzuge der MB. vom 31. Juli ds. Js. … wird bestimmt:

Nach Ziffer 1 … kein lehrplanmäßiger jüdischer Religionsunterricht mehr erteilt. Den jüdischen Schülern ist es freigestellt, einen privaten jüdischen Religionsunterricht zu besuchen.

Dieser Religionsunterricht darf künftig nicht mehr in den Schulgebäuden erteilt werden. Eine Ausnahme gilt für die nur von jüdischen Kindern besuchten Schulen … und für die jüdischen Klassen an den öffentlichen allgemeinen Volksschulen.«

 
Margarete Bloch verließ das MT im Alter von 15 Jahren am 9.12.1936 ohne Schulabschluss.
  »Vom Schuljahr 1937/38 an wird an den humanistischen Schulen kein hebräischer Sprachunterricht mehr erteilt.«   »… Nach den Weihnachtsferien wird an den Samstagen an allen Schulen und in allen Klassen wieder ordnungsmäßiger Unterricht erteilt …«  
Am 6.2.1937 emigrierte Elisabeth Englaender über Würzburg und Hamburg in die USA.
  »Die deutsche Jugend darf nur Lehrern und Erziehern deutschen Blutes und einwandfreier Staatsgesinnung anvertraut werden … Das Wohl des deutschen Volkes verlangt, dass der Grundsatz auf dem Gebiete des privaten Unterrichts- und Erziehungswesens im gleichen Maße Anwendung findet …«  
Der in der Nachfolge der 1938 emigrierten Margot Veith von Gertrud Dann geführte Kindergarten in der Prinzregentenstraße 8 (Nähe MT) wurde schließlich verboten.
 
Marianne Landauer verließ das MT im Alter von 16 Jahren ohne Schulabschluss am Ende des Schuljahres, am 24.3.1937.