Biografien   Gertrud Farnbacher
Gertrud Farnbacher
geb. 1919, Vater Kaufmann (»Wernecker & Farnbacher«), Wohnung Augsburg, Hochfeldstraße 31, Geschäft Hermanstraße 11

Gertruds Vater Fritz Farnbacher (geb. 1885) war Mitinhaber eines Geschäfts für Kurz- und
Galanteriewaren und Spielzeug. Ihre Mutter hieß Frieda, geb. Reis (geb. 1895 in München).
Gertrud besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1930 bis 1936 in den Klassen 1–3 und G4–G6.
1935 feierte Gertrud zusammen mit einigen anderen jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah: Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg aber, konfirmationsartig, jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
Nach ihrem Austritt aus der Maria-Theresia-Schule lernte Gertrud in der Schweiz Englisch, Französisch und Hauswirtschaft. Nach kürzeren Aufenthalten in Berlin und wieder in Augsburg wanderte sie im März 1939 nach England aus, wo sie ihren Vornamen zu Karen änderte. Auch ihren beiden Brüdern gelang im selben Jahr gerade noch die Flucht nach England. Jedoch nahm sich Ernst 1942 mit 18 Jahren, Rudi 1947 mit 23 Jahren das Leben.
Gertrud studierte an der London School of Economics, ging 1951 in die USA und heiratete 1955, seitdem heißt sie Karen G. Hillman. Sie erwarb den Magistertitel in Soziologie, musste aber 1961 aufgrund eines Unfalls die wissenschaftliche Karriere beenden. Jedoch veröffentlichte sie einige Fachaufsätze.
Karen G. Hillman, geb. Gertrud Farnbacher, lebt bis heute (2005) in den USA.
Gertruds Mutter Frieda leistete von Februar 1942 bis Anfang März 1943 zusammen mit vielen anderen jüdischen Mädchen und Frauen in der Ballonfabrik Augsburg Zwangsarbeit. Beide Eltern wurden im März 1943 nach Auschwitz deportiert.

NB
: Fritz und Frieda Farnbacher sind im Gedenkbuch des Bundesarchivs (2. Aufl. 2006) als in Theresienstadt gestorben, nicht aber im Theresienstädter Gedenkbuch (Prag 2000) aufgeführt.

Siehe
Ludwig Frank, Brief über seine Deportation in mehrere Lager 1942–1945, Auszug bei Ernst Jacob, Rundschreiben Nr. 11, April 1946, in: Gernot Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007, S. 116–123, hier S. 121f. (demnach sind Fritz und Frieda Farnbacher in Auschwitz vergast worden).
Auszug aus einem ähnlichen Brief, Lyon, Dezember 1946, in: Irmgard Hirsch-Erlund, Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung, hrsg. von Gernot Römer, Augsburg 1999, S. 155–158.
Karen G. Hillman, »Marital Instability and Its Relation to Education, Income, and Occupation: An Analysis Based on Census Data«, in: Robert F. Winch, Robert McGinnis, Herbert R. Barringer (Hrsg.), Selected Studies in Marriage and the Family, 2., bearb. Aufl., New York 1962, S. 602–608.
Karen G. Hillman, »Student Valuation of Academic Achievement«, in: The Sociological Quarterly 10 (1969), S. 384–391.

Literatur:
Gernot Römer, »In der Fremde leben meine Kinder …«. Lebensschicksale kindlicher jüdischer Auswanderer aus Schwaben unter der Naziherrschaft, Augsburg 1996, S. 46–54.
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