Emma Wolfsheimer
geb. 1886 in München, Vater Kaufmann
ebendort, Kaiserstraße 43½
Emmas Vater Max Wolfsheimer (geb. 1850 in München)
besaß in München ein Band- und Posamentierwarengeschäft.
Emmas Mutter hieß Bertha, geb. Binswanger (geb. 1856 in
Osterberg); sie ist schon 1890 in Illertissen gestorben.
Emma hatte einen älteren Bruder namens Julius (geb. 1884).
Ihr Vater starb 1934 in München. Emma besuchte die
»Städtische Töchterschule«, die später
»Maria-Theresia-Schule« heißen sollte, von 1900 bis 1902 in
den Klassen 3 und 4; die vierte Klasse war damals die
Abschlussklasse. 1908 heiratete Emma den Apotheker Otto
Eckstein und lebte fortan mit ihm in Regensburg, zuletzt als
Witwe in der Gesandtenstraße 10. Von dort wurde sie 1942
nach Polen deportiert. Am 2. April mussten sich ca. 80 Juden
unter 65 Jahren auf dem Platz der 1938 niedergebrannten
Synagoge einfinden und wurden zum Ostbahnhof gebracht. Zwei
Tage später wurden sie in Waggons gepfercht, die an einen
Zug aus München angehängt wurden. Die Fahrt ging nach Lublin
zum Auffanglager Trawniki. Von dort wurden einige der
Regensburger Deportierten später nach Piaski gebracht; ob
Emma unter ihnen war, ist nicht bekannt. Zwei Monate lang, von April bis Juni 1942, lebte auch
der Ingenieur Arnold Hindls aus Brno (Brünn) in Piaski – für
ihn war dies nur eine Verschleppungsstation von vielen, zwischen
Theresienstadt und Ossowo. Über Piaski schreibt er in seinen
Erinnerungen (Einer kehrte zurück, 1965): »Piaski, ein
kleines Städtchen in der Lubliner Woiwodschaft, ringsum von
Sand und Sümpfen und Wald umgeben, ist durch die Staatsstraße
Lublin–Cholm (= Chelm) in zwei Teile geteilt, weshalb sich das
ehemals große, von etwa dreitausend einheimischen Juden bewohnte
Getto zu beiden Seiten der Staatsstraße ausbreitete. Nur waren
die beiden Gettoteile jetzt, jeder für sich, mit hohen Bretterzäunen
und Stacheldraht eingefriedet, mit großen, ständig bewachten
Toren, die nur vormittags und nachmittags je eine Stunde am
Tage geöffnet wurden und zur Staatsstraße hin abgeschlossen
waren. … Die Häuser des Gettos waren zumeist aus Holz, mit nur
kleinen Höfen, ineinandergeschachtelt, vorwiegend ebenerdig,
manche einstöckig. … Im Städtchen gab es weder Wasserleitung
noch Kanalisierung. Für die rund sechstausend Menschen zählende
Belegschaft der beiden Gettoteile … gab es nur einen einzigen
Brunnen mit annehmbarem Trinkwasser im südlichen Getto, von
dem pro Person und pro Tag nur ein Kübel von zehn Liter Inhalt
geholt werden durfte. … Am Rande des südlich gelegenen Gettos,
an der Staatsstraße, war in einem geräumigen, solid gebauten
Gebäude das Kommando der SS untergebracht, dem das Getto unterstellt
war. Von dem Balkon des Gebäudes konnte die SS beide Gettoteile
sehr gut beobachten. Bei jedem Besuch dieser ›Herrenmenschen‹
gab es reichlich Ohrfeigen, Fußtritte und Peitschenhiebe, und
›nicht erlaubte‹ Lebensmittel, die ins Getto geschmuggelt worden
waren, wurden beschlagnahmt. … An Hunger starben hier täglich
zwanzig bis dreißig Menschen, die zu vollkommenen Skeletten
abgemagert waren. … Trotz dieser katastrophalen Verpflegungsverhältnisse
wurden alle arbeitsfähigen Männer und Frauen täglich gruppenweise
zu Erd-, Garten- und Straßenunterhaltungsarbeiten herangezogen
… Auch im Getto selbst gab es genug Arbeit, wie die Reinigung
und Vertiefung der Abflussgräben und Rigolen, die Errichtung
von Latrinen und immer wieder Latrinen, die nie ausreichten.«
Im Herbst 1942 wurden einige Juden aus Piaski nach Belzec, die
übrigen, etwa 4000, nach Sobibor gebracht und dort ermordet.
Sofort wurde das »Ghetto« durch Deportationen erneut belegt.
Siehe den Eintrag in der ersten der »Listen
der Juden aus Regensburg, die von den Nationalsozialisten in
Konzentrationslagern ermordet wurden«, auf der Website der
Jüdischen Gemeinde Regensburg
(Stand: März 2007).
Andreas Heusler, Brigitte
Schmidt, Eva Ohlen, Tobias Weger u. Simone Dicke unter Mitarbeit
von Maximilian Strnad, Biographisches Gedenkbuch der Münchner
Juden 1933–1945, hrsg. vom Stadtarchiv München, München
2007, S. 796 (zu Max Wolfsheimer).
Literatur:
Arnold Hindls, Einer kehrte zurück. Bericht eines
Deportierten, Stuttgart 1965, S. 12–32. Andreas
Angerstorfer, »Chronik der Verfolgung: Regensburger Juden
während des Nationalsozialismus«, in: Michael Brenner,
Renate Höpfinger (Hrsg.), Die Juden in der Oberpfalz,
München 2009, S. 183–196. |