Briefe und Erinnerungen   Brief von Joyce Meltz vom November 2006 an die Projekgruppe

»[Meine Mutter Ruth Rosenbaum, geb. Kahn,] war eine wunderbare Hausfrau. Sie liebte das Kochen, ihren Garten und unser ›Häuschen‹ am Strand, auch klassische Musik und Bridge.
Mein Vater Kurt Rosenbaum (er kam aus Gießen) emigrierte 1934 nach Chicago, Illinois, kurz nachdem seine Zulassung aufgehoben worden war – was ihm die Nazi-Regierung 1933 per Postkarte mitgeteilt hatte. Er hatte an den Universitäten Frankfurt a. M. und Heidelberg studiert und war Rechtsgelehrter geworden, in den USA aber musste er eine andere Arbeit annehmen, um die Überfahrt seiner Eltern bezahlen zu können. Schließlich wohnten sie alle in Philadelphia (meine Eltern lernten sich durch beiderseitige Freunde in New York kennen), wo ich 1943 geboren wurde. Mein Vater wurde Repräsentant einer Fabrik für Büromöbel und war dabei recht erfolgreich. Meine beiden Eltern lernten perfekt Englisch und waren in den USA völlig assimiliert – genauso, wie sie es in Deutschland gewesen waren.
Mein Vater konnte jedoch der deutschen Regierung niemals verzeihen, dass sie ihm seinen Beruf und seinen Rang genommen hatte (für Männer ist das wichtig). Viele Jahre später ging er dennoch häufig auf Reisen, traf sich mit guten deutschen Freunden und besuchte auch wieder Gießen, als die Regierung die Reisekosten übernahm.
Meine Mutter klagte niemals, und für uns war die Kahn-Familie recht interessant, da wir alle aufgrund des Holocausts über die ganze Welt verstreut waren. Wenigstens waren alle am Leben!
Heute stehen diejenigen von uns, die noch übrig sind, mittels E-Mail in Kontakt, und da fast alle die USA besucht haben, konnte ich sie persönlich kennenlernen.«

(Übersetzung: M. v. Perger)

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