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Ilse Cassel
geb. 1922 in Augsburg (in den Schul-Jahresberichten
ist kein Geburtsort angegeben), Vater Kaufmann (»Zigarren«), Maximilianstraße
(Fuggerhaus)
Ilses Vater Hans Cassel (geb. 1895 in Augsburg) war Teilhaber der
Firma »E. Obermayer«, Zigarrenimport und -großhandel und Lotterieannahme.
Ilses Mutter hieß Ida, geb. Woitun (geb. 1892 in Commende, Schlesien).
So wie Ilse hatte auch ihre ältere Schwester
Susanne die Maria-Theresia-Schule besucht.
Ilse besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1933 bis 1936 in den
Klassen 1–3.
1935 wurde jüdischen Geschäftsinhabern wie Ilses Vater die Lotterieannahme
verboten.
Mit 13 Jahren ging Ilse am 2. April 1936 ohne Abschluss von der
Schule ab. Sie emigrierte mit ihren Eltern 1940 in die USA. Hans
Cassel berichtet, dass die Familie für zwei Wochen ins Gefängnis
gesteckt wurde, als sich die Abfahrt ihres Schiffes verzögerte.
In Rochester (New York) heiratete Ilse 1948 den Rechtsanwalt Carl
Drechsler aus Berlin. Das Ehepaar bekam zwei Kinder.
Ilses Vater Hans Cassel starb 1957 oder 1958 in den USA, ihre Mutter
Ida 1988 in Rochester.
Irene (Ilse) Drechsler, geb. Cassel, starb 2013 in Reynoldsburg
(Ohio).
Siehe die Todesnachricht (»obituary«) für Irene
Cassel Drechsler im Rochester Democrat and Chronicle
vom 3. Mai 2013.
Literatur:
Bericht von Ilses Vater Hans Cassel über seine Emigration,
Auszug bei Ernst Jacob, Rundschreiben Nr. 3, März 1942, in: Gernot
Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe
des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007,
S. 47–54, hier S. 52. |
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Susanne Cassel
geb. 1915 in München, Vater
Kaufmann
(»Zigarren«)
in Augsburg, Maximilianstraße (Fuggerhaus)
Susannes Vater Hans Cassel (geb. 1895 in Augsburg) war Teilhaber
der Firma »E. Obermayer«, Zigarrenimport und -großhandel und Lotterieannahme.
Susannes Mutter hieß Ida, geb. Woitun (geb. 1892 in Commende, Schlesien).
So wie Susanne besuchte auch ihre jüngere Schwester
Ilse die Maria-Theresia-Schule.
Nachdem sie sechs Schuljahre an der Maria-Theresia-Schule absolviert
hatte (1925–1931), studierte Susanne (»Susi«) an der Kunstschule
der Stadt Augsburg Grafik (so wie einige Jahre später auch
Marianne Weil). Zwei Arbeiten von ihr sind in den Konvoluten,
die aus der Kunstschule über den Krieg gerettet wurden, erhalten;
eine davon ist auf 1934 datiert.
Susi heiratete 1934 Dr. med. Paul Erlanger (geb. 1893) aus Ulm;
das Ehepaar bekam einen Sohn, Joseph (John), geb. am 31.5.1935.
1935 wurde jüdischen Geschäftsinhabern wie Susis Vater die Lotterieannahme
verboten.
Die Erlangers emigrierten in die USA. 1941 lebten sie in Rochester
(New York), wohin auch Susis Eltern 1940 ausgewandert waren. Susis
Ehemann Paul fand dort am Monroe County Hospital eine Anstellung.
Paul Erlanger ist in Sarasota (Florida) gestorben. Susie heiratete
ein zweites Mal und hieß seither Dudley.
Susies Vater Hans Cassel starb 1957 oder 1958 in den USA, ihre Mutter
Ida 1988 in Rochester.
Susie Dudley, geb. Cassel, ist ist 1996 oder 1998 in den USA
gestorben. |
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(Oliver Bryk sandte uns den Hinweis, dass Susie laut einem
Eintrag in der Datenbank »ancestry.com« 1996 in Sarasota starb.)
Siehe Gernot Römer, Eintrag »Erlanger,
Susanne (Susie), geb. Cassel (in 2. Ehe verh. Dudley)«, in:
»An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des
Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, hrsg. und
bearbeitet von Gernot Römer, Augsburg 2007, S. 218 (demnach
starb Susie 1998 in Las Vegas). |
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Erika Charon
geb. 1928, Vater Kaufmann
Erikas Vater Willy Charon (geb. 1898
in München) war Teilhaber der Bauartikel-Großhandlung »Charon &
Högg«. Erikas Mutter hieß Gertrud, geb. Hahn (geb. 1902 in Vilsbiburg
bei Landshut).
Die 10-jährige Erika war durch Ministerialerlass
gezwungen, am 14. November 1938
nach nur wenigen Monaten Schulzeit in der Klasse 1a die Maria-Theresia-Schule
zu verlassen. Von November 1942 bis März 1943 leistete sie zusammen
mit ihrer Mutter Gertrud und vielen anderen jüdischen Mädchen und
Frauen Zwangsarbeit in der Ballonfabrik Augsburg. Im März 1943,
am Tag nach ihrem 15. Geburtstag, wurde sie nach Auschwitz deportiert.
Sie gilt als verschollen, ebenso wie ihr zwei Jahre jüngerer Bruder
Günther (geb. 1930) und ihre Mutter.
Willy Charon, Erikas Vater, ist spätestens Anfang 1941 nach Shanghai
ausgewandert, wahrscheinlich aber schon vor August 1939, als die
Einreise von Flüchtlingen nach Shanghai an schwer erfüllbare Bedingungen
geknüpft wurde. Seine Familie hat er nicht mehr nachholen können.
Er ist 1966 in Dallas (Texas)gestorben.
Von der Filmemacherin Ulrike Ottinger (Film Exil Shanghai,
Deutschland / Israel 1997) erhielten wir die Auskunft, dass im
Emigranten Adressbuch für Shanghai (1939) Willy Charons Name
nicht zu finden ist, ebensowenig in der Shanghaier Halbmonatsschrift
Gelbe Post (1939) und in der Broschüre Drei Jahre Emigranten
in Shanghai (1942). Auch in dem Sammelband Exil Shanghai
1938–1947 (2000) erscheint der Name Charon in keinem der reproduzierten
Dokumente.
Der Name von Erika Charon ist auf
einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte aufgeführt, die im Augsburger
Rathaus zu besichtigen ist (Künstler: Klaus Goth).
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Siehe Emigranten Adressbuch für Shanghai. Mit einem
Anhang Branchen-Register, Shanghai 1939, Nachdruck Hongkong
1995.
Gelbe Post. Ostasiatische illustrierte Halbmonatsschrift,
Heft 1–7, Shanghai 1939, Nachdruck hrsg. von Paul Rosdy, Wien 1999,
²2006.
Drei Jahre Emigranten in Shanghai. Ihr Beginn: 1939. Ihre Leistungen:
1940. Ihr Erfolg: 1941, Shanghai 1942 (ungedruckt).
Georg Armbrüster, Michael Kohlstruck, Sonja Mühlberger (Hrsg.),
Exil Shanghai 1938–1947. Jüdisches Leben in der Emigration,
Teetz 2000.
Zeitzeugen – Briefe und Erinnerungen:
Gertraud
Fendt, von 1957 bis 1990 Lehrerin und Vertreterin des Schulleiters
am MT, 1938 zusammen mit Erika Charon Schülerin der Klasse 1a, erinnert
sich an den ersten Schultag (in: 100 Jahre Maria-Theresia-Gymnasium.
Festschrift zur 100-Jahr-Feier des Maria-Theresia-Gymnasiums,
Augsburg 1992).
zum Text |
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Selma Cohen
geb. 1903 in Köln, Vater Kultusbeamter,
Halderstraße 8 / 0
Selmas Vater Sali Cohen (geb. 1868 in Borken, Westfalen) wurde 1917
als Schächter zu den Gemeindebeamten der israelitischen Kultusgemeinde
Augsburg gezählt. Selmas Mutter hieß Malwine, geb. Horn (geb. 1868
od. 1869 in Geisa, Sachsen-Weimar).
Selmas Vater Sali war 1904 oder Anfang 1905 nach Augsburg gekommen,
zunächst als Vertreter von Ernst Fränkl (geb. 1874), der in der
jüdischen Gemeinde Religionslehrer war, zu dieser Zeit aber, nach
der Promotion 1903, sein Buch Über Vorstellungs-Elemente und
Aufmerksamkeit (Augsburg 1905) vorbereitete. Neben der Betätigung
als Kultusbeamter war Sali auch Agent mehrerer Versicherungen. Selma
hatte zwei in Köln geborene Geschwister, darunter Bruder Julius
(geb. 1899); 1905 kam noch ein Bruder namens Erich hinzu.
Selma besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1913 bis 1916 in den
Klassen 1–3. Im Jahr des Kriegsendes 1918 feierte sie, gemeinsam
mit ihrer früheren Schulkameradin
Marie Bach,
ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah: Fest der religiösen
Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach
dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg
aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder
in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
Spätestens ab Mai 1930, als das Schächten in Bayern verboten wurde,
konnte Sali Cohen sein Amt in Augsburg nicht mehr ausführen. Seine
Ehefrau Malwine starb 1933. Sali zog nach Düsseldorf. Anfang 1939
kehrte er in seine Geburtsstadt Borken zurück, einige Monate später
folgte Selma; Vater und Tochter wohnten in der Heidener Straße 48.
Schon im Juni 1939 aber emigrierte Sali nach Brasilien. Selma wechselte
im Juni 1940 die Wohnung; ihre letzte Adresse war Borken, Butenstadt
4. Am 11. Dezember 1941 wurde sie zuerst nach Münster gebracht,
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dann am 13. Dezember zusammen mit 389 anderen Juden in das »Ghetto«
Riga deportiert. Dorthin kam in diesen Tagen auch
Sidonie Münzer.
»In den beiden
Regierungsbezirken Münster und Minden des Gaus Westfalen-Nord leiteten
die Gestapoleitstelle Münster und die Gestapo-Außendienststelle
in Bielefeld die Instruktionen zur Durchführung der
›Endlösung‹
an die Oberbürgermeister und Landräte des Gebietes weiter. ... Das
Münsterländische und Bielefelder Soll lag bei je 400, das Kontingent
des Osnabrücker Einzugsbereichs bei 200 Personen.« Aus Borken wurden
die Juden in
Omnibussen, ihr Gepäck auf Lkw am 11. Dezember nach Münster gebracht.
»Während der Fahrt [von Münster nach Riga] hatte ein jüdischer Verantwortlicher
… für Ordnung, Ruhe und Sauberkeit zu sorgen. Dieser und die begleitenden
jüdischen Ärzte und Krankenschwestern allein waren befugt, im ersten
Waggon der 3. Klasse zu fahren und während eines Haltes den Zug
zu verlassen« (G. Möllenhoff, R. Schlautmann-Overmeyer).
Am
16. Dezember traf der Zug im Bahnhof Skirotava bei Riga ein. »Zwar
reichte der den Deportierten gelassene Mundvorrat, aber es gab kein
Wasser. Bei der tagelangen Fahrt litten alle unter zunehmendem Durst.
Wenige Transporte erhielten die Möglichkeit, Wasser zu besorgen,
wenn der Zug längere Haltepausen einlegte.
… Der Winter
1941/42 gehörte im vergangenen Jahrhundert zu den kältesten in Mittel-
und Osteuropa. Da die Deportationszüge mit nur einer Lokomotive
fuhren,
war der Ausfall
der Heizung in den Waggons vorprogrammiert. … In Skirotava wurden
die Deportierten von ihren künftigen Peinigern erwartet. … Die nach
mehr als dreitägiger Fahrt steif gewordenen Menschen … mussten zusehen,
dass sie mit ihrem Handgepäck auf dem Güterbahnhof Aufstellung nahmen.
… Hier oder später nach der Ankunft im Ghetto stellte sich Kurt
Krause als Ghettokommandant
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vor, fordete zur Abgabe von Wertsachen auf und drohte jedem, der
versuchen würde, sich von der Kolonne zu entfernen, mit Erschießen.
Das Gepäck sollte man
zurücklassen,
es würde später ins Ghetto gebracht werden. Wer nicht genug Kraft
hatte, um energisch seinen Rucksack aufzusetzen, gelangte unter
Umständen nur mit einem Gepäckstück ins Ghetto. Das in den Abteilen
zurückgelassene Gepäck sowie der Inhalt der Güterwagen wurde, nach
Transporten sortiert, zur allgemeinen Benutzung in die Kleiderkammer
des Ghettos
gebracht. ... In dem kalten, feuchten Klima ... quälten sich die
Menschenkolonnen die mehrere Kilometer lange Strecke vom Bahnhof
bis zum Ghetto ... Der Anblick,
den das Ghetto den Deportierten bot,
war schockierend.« Erst vor wenigen Tagen waren die vorigen Bewohner,
lettische Juden, teils ermordet, teils anderswo untergebracht worden.
»Treppenhäuser und Wohnungen machten einen verwüsteten Eindruck.
Wie überstürzt der gewaltsame Aufbruch gewesen sein
muss, zeigten
die gefrorenen Essensreste auf den Tischen und in den Küchen. …
Die Neuangekommenen, von denen sich acht bis zehn Personen zwei
kleine Zimmer teilten, mussten sich schnell auf die widrigen Umstände
einstellen. Und in der Tat fanden sich auch volle Kleiderschränke
und Holzvorräte vor, so dass ein Anfang gemacht werden konnte. Katastrophal
waren die hygienischen Verhältnisse, da die Wasserleitungen eingefroren
waren« (W. Scheffler).
Die meisten
Deportierten starben während der folgenden Jahre bei der Zwangsarbeit
oder durch Krankheit oder wurden erschossen.
Selma überlebte
die unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen und wurde im Februar
1945 von Riga ins Hamburger Gefängnis, im April ins »Arbeitserziehungslager«
Kiel-Hassee deportiert. Ende April und Anfang Mai 1945 befreiten
britische Truppen und das Schwedische Rote Kreuz dieses Lager. Drei
Monate später schrieb Selma einen
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Brief an zwei Freundinnen und berichtete darin, wie es ihr in den
Lagern ergangen war. Zu dieser Zeit hielt sie sich in Schweden auf,
später wanderte sie nach Sao Paulo in Brasilien aus, wo ihre Brüder
lebten.
Eine jüngere Leidensgenossin Selmas, Hilde Sherman-Zander, hat dieselben
Stationen durchgemacht: Riga, Hamburg-Fuhlsbüttel und Kiel-Hassee.
In ihren Erinnerungen (Zwischen Tag und Dunkel, 1984) schildert
sie, wie die jüdischen Häftlinge durch die Bemühungen von Graf Folke
Bernadotte – damals Vizepräsident des schwedischen Roten Kreuzes
– aus dem Lager Kiel-Hassee freigekauft wurden; andere Häftlinge
wurden von der SS erschossen. Wenig später erreichten britische
Truppen das fast menschenleere Lager.
zum Brief von Selma Cohen
Siehe Richard
Grünfeld, Ein Gang durch die Geschichte der Juden in Augsburg.
Festschrift zur Einweihung der neuen Synagoge in Augsburg am 4.
April 1917, Augsburg 1917, S. 72; wiederabgedruckt in: Stiftung
Jüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben (Hrsg.), 10 Jahre Wiedererrichtung
der Synagoge Augsburg – 10 Jahre Gründung des Jüdischen Kulturmuseums
Augsburg-Schwaben 1985–1995, Augsburg 2001, Anhang.
Genealogie
und Kurzbiografie von Selmas Vater Sali Cohen auf der Website eines
Borkener Schülerprojekts von 2004/05, Gegen das Vergessen. Das
Schicksal jüdischer Familien in Borken (Westf.) und Gemen zur Zeit
des Nationalsozialismus:
http://suomenhirvi.piranho.de/gegenvergessen/
(Stand: Februar 2017).
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Literatur:
Gisela Möllenhoff, Rita Schlautmann-Overmeyer, »Die Deportation
aus Münster – Osnabrück – Bielefeld, 13. Dezember 1941. Münster«,
in: »Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.« und »Riga-Komitee
der deutschen Städte« gemeinsam mit der Stiftung »Neue Synagoge
Berlin – Centrum Judaicum« und der Gedenkstätte »Haus der Wannsee-Konferenz«
(Hrsg.), Buch der Erinnerung. Die ins Baltikum deportierten deutschen,
österreichischen und tschechoslowaki-schen Juden, bearbeitet
von Wolfgang Scheffler und Diana Schulle, München 2003, Bd. 2, S.
723–726.
Wolfgang Scheffler, »Das Schicksal der in die baltischen Staaten
deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen
Juden 1941–1945. Ein historischer Überblick«, ebd., Bd. 1, S. 1–43.
Aloys Nacke, »Judendeportationen im Kreis Borken. Ein Beitrag zur
Geschichte der ›Endlösung‹«, in: Heimatverein Vreden (Hrsg.),
Studien zur Geschichte der Juden im Kreis Borken, Vreden 1983,
S. 163–184.
Hilde Sherman-Zander, Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im
Ghetto, Frankfurt a. M. – Berlin – Wien 1984.
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Helene Cramer
geb. 1916
in Augsburg, Vater Kaufmann (»Zigarren«), Wohnung Prinzregentenstraße
9, Geschäft Schießgraben- / Ecke Beethovenstraße
Helenes Vater Martin Cramer (geb. 1880
in Speyer) spielte eine hervorragende Rolle im Augsburger Kulturleben
und in der Augsburger jüdischen Gemeinde; so gründete er etwa zusammen
mit Bert Brecht die
»Literarische Gesellschaft«.
Seine Ehefrau war
Klara, geb.
Berberich (geb. 1886 in Augsburg). Das Paar bekam drei Kinder:
Ernst (geb. 1913), Helene und Erwin (geb. 1921).
Helene besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1926 bis 1932 in den
Klassen 1–6.
Am 2. Juni 1930 feierte Helene gemeinsam mit acht anderen jüdischen
Mädchen ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah: Fest der religiösen
Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach
dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg
aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder
in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
Nach der Schulzeit arbeitete Helene als Au-pair-Mädchen in Frankreich
und als Kindergärtnerin.
1938 emigrierte Helene in die USA. In Houston (Texas) heiratete
sie David Feldman. Das Ehepaar bekam zwei Kinder.
Helen Feldman, geb. Cramer, ist 1967 in Houston gestorben.
Helenes älterer Bruder Ernst konnte ebenfalls in die USA auswandern.
Ihr jüngerer Bruder Erwin und ihre Eltern sind in Piaski in Polen
verschollen, sie wurden Anfang April 1942 mit zahlreichen jüdischen
Bürgern aus Schwaben dorthin deportiert.
Helenes Bruder Ernst Cramer heiratete in den USA
Marianne Untermayer. Als US-Soldat erlebte er den 8. Mai 1945
in Augsburg. Das Ehepaar zog nach dem Krieg wieder nach Deutschland.
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