Gertrud Farnbacher
geb. 1919, Vater Kaufmann (»Wernecker & Farnbacher«), Wohnung Hochfeldstraße 31, Geschäft Hermanstraße 11

Gertruds Vater Fritz Farnbacher (geb. 1885) war Mitinhaber eines Geschäfts für Kurz- und
Galanteriewaren und Spielzeug. Ihre Mutter hieß Frieda, geb. Reis (geb. 1895 in München).
Gertrud besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1930 bis 1936 in den Klassen 1–3 und G4–G6.
1935 feierte Gertrud zusammen mit einigen anderen jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah: Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
Nach ihrem Austritt aus der Maria-Theresia-Schule lernte Gertrud in der Schweiz Englisch, Französisch und Hauswirtschaft. Nach kürzeren Aufenthalten in Berlin und wieder in Augsburg wanderte sie im März 1939 nach England aus, wo sie ihren Vornamen zu Karen änderte. Auch ihren beiden Brüdern gelang im selben Jahr gerade noch die Flucht nach England. Jedoch nahm sich Ernst 1942 mit 18 Jahren, Rudi 1947 mit 23 Jahren das Leben.
Gertrud studierte an der London School of Economics, ging 1951 in die USA und heiratete 1955, seitdem heißt sie Karen G. Hillman. Sie erwarb den Magistertitel in Soziologie, musste aber 1961 aufgrund eines Unfalls die wissenschaftliche Karriere beenden. Jedoch veröffentlichte sie einige Fachaufsätze.
Karen G. Hillman, geb. Gertrud Farnbacher, lebt bis heute (2007) in den USA.
Gertruds Mutter Frieda leistete von Februar 1942 bis Anfang März 1943 zusammen mit vielen anderen jüdischen Mädchen und Frauen in der Ballonfabrik Augsburg Zwangsarbeit. Beide Eltern wurden im März 1943 nach Auschwitz deportiert.
 



NB:
Fritz und Frieda Farnbacher sind im Gedenkbuch des Bundesarchivs (2. Aufl. 2006) als in Theresienstadt gestorben, nicht aber im Theresienstädter Gedenkbuch (Prag 2000) aufgeführt.

Siehe Ludwig Frank, Brief über seine Deportation in verschiedene Lager 1942–1945, Auszug bei Ernst Jacob, Rundschreiben Nr. 11, April 1946, in: Gernot Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007, S. 116–123, hier S. 121f. (demnach sind Fritz und Frieda Farnbacher in Auschwitz vergast worden).
Auszug aus einem ähnlichen Brief, Lyon, Dezember 1946, in: Irmgard Hirsch-Erlund, Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung, hrsg. von Gernot Römer, Augsburg 1999, S. 155–158.
Karen G. Hillman, »Marital Instability and Its Relation to Education, Income, and Occupation: An Analysis Based on Census Data«, in: Robert F. Winch, Robert McGinnis, Herbert R. Barringer (Hrsg.), Selected Studies in Marriage and the Family, 2., bearb. Aufl., New York 1962, S. 602–608.
Karen G. Hillman, »Student Valuation of Academic Achievement«, in: The Sociological Quarterly 10 (1969), S. 384–391.

Literatur
:
Gernot Römer, »In der Fremde leben meine Kinder …«. Lebensschicksale kindlicher jüdischer Auswanderer aus Schwaben unter der Naziherrschaft, Augsburg 1996, S. 46–54.
 
 
 
Herta Fichtelberger
geb. 1912 in Augsburg, Vater Kaufmann, Frölichstraße 12

Hertas Vater Ferdinand (geb. 1871 in Ermershausen) war Teilhaber der »Vereinigten Wäschefabriken
Friedmann & Dannenbaum / Lammfromm & Biedermann« sowie Geschäftsführer der »Wäschefabrik AG«. Seine Ehefrau hieß Hannchen, geb. Fichtelberger (geb. 1873 in Hersbruck). Herta hatte einen jüngeren Bruder namens Wilhelm (geb. 1914).
Herta besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1924 bis 1928 in den Klassen 3–6; vermutlich war sie 1922 in Klasse 1 eingetreten.
Herta konnte 1938 in die USA emigrieren, ebenso ihr Bruder Wilhelm, der im Krieg in der US-Armee kämpfte.
1942 heiratete Herta in Los Angeles Albert Rowen. Das Ehepaar bekam zwei Söhne.
Herta Rowen, geb. Fichtelberger, ist zwischen 1976 und 1985 in Los Angeles gestorben.
Hertas Eltern wurden im August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Dort starb Ferdinand am 14. November 1942. Hannchen wurde im Mai 1944 nach Auschwitz gebracht.

Siehe
bei Yad Vashem die »Pages of Testimony«, die Herta Rowen 1976 für ihre Eltern eingereicht hat (im Februar 2017 im Internet nicht mehr abrufbar)..
Notiz von Margot Bloch-Stein über Herta Rowens Tod, referiert von Gernot Römer, in: G. Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007, S. 338.
   
  Edith Fleischmann
geb. 1924, Vater Kaufmann

Ediths Vater war der gebürtige Tscheche (?) Wilhelm Fleischmann (1900–1951). Ihre Mutter Ruth, geb. Baer (1901–1985), stammte aus Künzelsau. Wilhelm Fleischmann war Kaufmann in Augsburg, zeitweise aber verkaufte er Klaviere in Ulm. Edith hatte einen jüngeren Bruder, Alfred (1925–1998).
Edith besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1935 bis 1937 in den Klassen 1–3.
Mit 13 Jahren ging sie während des Schuljahres am 15. September 1937 ohne Abschluss von der Schule ab. Die ganze Familie wanderte nach Pittsburgh in die USA aus.
In Pittsburgh besuchte Edith die Universität. 1947 heiratete sie Warren S. Bloch. Warren führte eine Praxis für Unternehmensrechnung, in der Edith mitarbeitete. Das Ehepaar bekam drei Kinder.
Edith Bloch, geb. Fleischmann, ist 1975 gestorben.

(Die meisten Informationen für diese Kurzbiografie erhielten wir im Juli 2007 von Ediths Ehemann Warren S. Bloch.)
 
 
 
Martha Fleischmann
geb. 1903 in München, Vater Kaufmann

Marthas Vater war Josef Fleischmann (geb. 1867 in Pressburg), ihre Mutter hieß Josefa.
Martha besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1914 bis 1917 in den Klassen 1–3; sie könnte auch noch im folgenden Jahr, 1917/18, auf der Schule gewesen sein.
Martha trat 1934 aus dem Judentum aus, 1940 aber wieder ein. Von September 1941 bis April 1943 leistete sie in der Ballonfabrik Augsburg, so wie viele andere jüdische Mädchen
und Frauen, Zwangsarbeit. 1942 starb ihr Vater durch Selbstmord.
Am 13. April 1943 wurde Martha über München nach Theresienstadt deportiert, im September wurde sie nach Auschwitz gebracht und ist dort verschollen.
Der Name von Martha Fleischmann ist auf einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte aufgeführt, die im Augsburger Rathaus zu besichtigen ist (Künstler: Klaus Goth).
    Theri Fleischmann
geb. 1922 in Augsburg (in den Schulakten ist kein Geburtsort angegeben), Vater Kaufmann

Theri besuchte die Maria-Theresia-Schule nur für kurze Zeit, im Frühjahr und Sommer 1932 in Klasse 1. Mit zehn Jahren ging sie am 15. Juli 1932 ohne Abschluss von
der Schule ab.
Eine Zeit lang lebte Theri in Hamburg. Sie wurde Anfang April 1942 über München nach Piaski in Polen deportiert.
Zwei Monate lang, von April bis Juni 1942, lebte auch der Ingenieur Arnold Hindls aus Brno (Brünn) in Piaski – für ihn war dies nur eine Verschleppungsstation von vielen, zwischen Theresienstadt und Ossowo. Über Piaski schreibt er in seinen Erinnerungen (Einer kehrte zurück, 1965): »Piaski, ein kleines Städtchen in der Lubliner Woiwodschaft, ringsum von Sand und Sümpfen und Wald umgeben, ist durch die Staatsstraße Lublin–Cholm (= Chelm) in zwei Teile geteilt, weshalb sich das ehemals große, von etwa dreitausend einheimischen Juden bewohnte Getto zu beiden Seiten der Staatsstraße ausbreitete. Nur waren die beiden Gettoteile jetzt, jeder für sich, mit hohen Bretterzäunen und Stacheldraht eingefriedet, mit großen, ständig bewachten Toren, die nur vormittags und nachmittags je eine Stunde am Tage geöffnet wurden und zur Staatsstraße hin abgeschlossen waren. … Die Häuser des Gettos waren zumeist aus Holz, mit nur kleinen Höfen, ineinandergeschachtelt, vorwiegend ebenerdig, manche einstöckig. … Im Städtchen gab es weder Wasserleitung noch Kanalisierung. Für die rund sechstausend Menschen zählende Belegschaft der beiden Gettoteile … gab es nur einen einzigen Brunnen mit annehmbarem Trinkwasser im südlichen Getto, von dem pro Person und pro Tag nur ein Kübel von zehn Liter Inhalt geholt werden durfte. … Am Rande des südlich gelegenen Gettos, an der Staatsstraße, war in einem geräumigen, solid gebauten Gebäude das Kommando der SS untergebracht,
 





dem das Getto unterstellt war. Von dem Balkon des Gebäudes konnte die SS beide Gettoteile sehr gut beobachten. Bei jedem Besuch dieser Herrenmenschen gab es reichlich Ohrfeigen, Fußtritte und Peitschenhiebe, und nicht erlaubteLebensmittel, die ins Getto geschmuggelt worden waren, wurden beschlagnahmt. … An Hunger starben hier täglich zwanzig bis dreißig Menschen, die zu vollkommenen Skeletten abgemagert waren. … Trotz dieser katastrophalen Verpflegungsverhältnisse wurden alle arbeitsfähigen Männer und Frauen täglich gruppenweise zu Erd-, Garten- und Straßenunterhaltungsarbeiten herangezogen … Auch im Getto selbst gab es genug Arbeit, wie die Reinigung und Vertiefung der Abflussgräben und Rigolen, die Errichtung von Latrinen und immer wieder Latrinen, die nie ausreichten.«
Im Herbst 1942 wurden einige Juden aus Piaski nach Belzec, die übrigen, etwa 4000, nach Sobibor gebracht und dort ermordet. Sofort wurde das »Ghetto« durch Deportationen erneut belegt.
Der Name von Theri (hier: Therese) Fleischmann ist auf einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte aufgeführt, die im Augsburger Rathaus zu besichtigen ist (Künstler: Klaus Goth).

Siehe
Jürgen Sielemann unter Mitarbeit von Paul Flamme (Bearb.), Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus. Gedenkbuch, Hamburg 1995, S. 103.

Literatur:
Arnold Hindls, Einer kehrte zurück. Bericht eines Deportierten, Stuttgart 1965, S. 12–32.

    Hedwig Frank
geb. 1893 in Augsburg, Vater Metzgermeister, Dominikanergasse 14

Hedwigs Vater Adolf Frank (geb. 1864 in Bütthard) schlachtete für die jüdische Gemeinde nach den jüdischen Vorschriften. Hedwigs Mutter hieß Laura, geb. Lemle, gesch. Herzog (geb. 1862). Hedwig hatte aus der ersten Ehe ihrer Mutter eine ältere Halbschwester namens Bella, geb. Herzog (geb. 1884). Aus der zweiten Ehe der Mutter hatte Hedwig drei Geschwister, von denen eine Schwester, Rosa Frank (geb
. 1897), wie sie selbst die Maria-Theresia-Schule besuchten sollte; die anderen beiden hießen Ida Jette (geb. 1892) und Arthur (geb. 1900). Zwei weitere Geschwister waren schon als kleine Kinder gestorben.
Hedwig war eine Cousine von Rosa Frank (geb. 1898) und von Herta Frank.
Hedwig besuchte die »Städtische Töchterschule«, die später »Maria-Theresia-Schule« genannt wurde, von 1904 bis 1907 in den Klassen 1–3.
Hedwig heiratete 1920 Alexander Wormser (geb. 1893). Dieser war Prokurist und Abteilungsdirektor der Dresdner Bank in Augsburg. Er wurde unter der Herrschaft der Nationalsozialisten entlassen und im November 1938 für einige Zeit in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Wie zuvor schon ihre Schwester Rosa, emigrierte Hedwig 1939 mit ihrem Ehemann und ihren beiden Töchtern (geb. 1921 und 1922) nach Buffalo (New York).
Hedwig Wormser, geb. Frank, starb 1980 in Amarillo (Texas).
Eine von Hedwigs Töchtern heiratete 1948 Eric Teutsch, einen Bruder von Ruth Teutsch.
Hedwigs Vater starb 1930 in Augsburg. Die verwitwete Laura Frank zog 1939 nach München und wurde im Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert, drei Monate später in Treblinka ermordet.
Hedwigs Bruder Arthur Frank arbeitete als Schlächter in Berlin. Einer von Hedwig stammenden Aufzeichnung zufolge, die in der Familie aufbewahrt wird, starb er
 




1941 in Grafeneck. Auf Schloss Grafeneck (Württemberg) brachten die Nationalsozialisten 1940 über 10.000 behinderte oder kranke Menschen um; auch aus bayerischen Krankenanstalten wurden Pfleglinge zwecks »Euthanasie« dorthin gebracht. Die Aktion endete im Dezember 1940. Laut Auskunft von Franka Rößner (Gedenkstätte Grafeneck e.V.) ist Arthur Frank nicht unter den 8000 Opfern, deren Namen derzeit bekannt sind (Dezember 2006).
Hedwigs Schwester Ida Jette war in zweiter Ehe mit Raphael Weil (geb. 1881 in Friesenheim) verheiratet. Das Ehepaar wohnte in Berlin-Charlottenburg. Beide wurden im Januar 1943 nach Auschwitz deportiert.
Hedwigs Halbschwester Bella heiratete Leopold Homburger. Sie lebte in München. Von dort wurde sie als Witwe im November 1941 nach Kowno (Kaunas) in Litauen deportiert und wenige Tage nach der Ankunft erschossen.

Siehe Andreas Heusler, Brigitte Schmidt, Eva Ohlen, Tobias Weger u. Simone Dicke, Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933–1945, Bd. 1 (A–L), hrsg. vom Stadtarchiv München, München 2003, S. 365 (zu Laura Frank) und S. 628 (zu Bella Homburger).
Stammbaum von Hedwig Frank im Internet: JewishGen, »The Family Tree of the Jewish People« (Stand: März 2007).

Literatur:
Thomas Stöckle, Grafeneck 1940. Die Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland, Tübingen 2002.

    Herta Frank
geb. 1895 in Augsburg, Vater Viehhändler

Hertas Eltern waren Leopold Frank (geb. 1868 in Bütthard) und Barbara, geb. Schimmel (geb. 1871 in Steppach bei Augsburg). So wie Herta sollte auch ihre jüngere Schwester Rosa (geb. 1898) die »Städtische Töchterschule« besuchen, die später »Maria-Theresia-Schule« genannt wurde.
Herta war eine Cousine von Hedwig Frank und von Rosa Frank (geb. 1897).
Herta verbrachte nur ein Jahr auf der Töchterschule, 1906/07 in Klasse 1. Im Januar 1907 wurde die Ehe ihrer Eltern geschieden.
Hertas Vater Leopold starb 1911.
1921 heiratete Herta den
Gerichtsassistenten Joseph Ullrich. Ihre Mutter starb 1923 in Augsburg.
Hertas Bruder Siegfried (1902–1955) emigrierte 1933 nach Frankreich.
Hertas Bruder Ludwig (1900–1983) arbeitete in Augsburg als Buchhalter in der Firma Wernecker & Farnbacher. 1939 ging er zu seinem Bruder Siegfried, der mit seiner Familie in Lyon lebte. Im September 1942 versuchte Ludwig vergeblich, in die Schweiz zu fliehen. Er wurde nach Auschwitz deportiert. Dort war er in der Schreibstube beschäftigt und überlebte die Haft im Lager.

NB: Laut Leopold Franks Familien-Bogen, der im Stadtarchiv Augsburg verwahrt wird, lautete der Vorname von Leopolds erster Tochter nicht Herta, sondern Herda.
 




Literatur
:
Ludwig Frank, Brief über seine Deportation in verschiedene Lager 1942–1945, Auszug bei Ernst Jacob, Rundschreiben Nr. 11, April 1946, in: Gernot Römer, »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007, S. 116–123, hier S. 121f.
Auszug aus einem ähnlichen Brief, Lyon, Dezember 1946, in: Irmgard Hirsch-Erlund, Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung, hrsg. von Gernot Römer, Augsburg 1999, S. 155–158.

   
 
  Hertha Frank
geb. 1925 in Augsburg (in den Schulakten ist kein Geburtsort angegeben), Vater Kaufmann, Philippine-Welser-Straße D 279 (heute Nr. 16)

Herthas Mutter
Fanny (Franziska), geb. Mendelsohn, hatte selbst schon die Maria-Theresia-Schule besucht. Sie war verheiratet mit Hermann Frank (geb. 1893). Das Ehepaar zog mit der Tochter 1926 nach Bamberg. 1928 kehrte Fanny mit Hertha nach Augsburg zurück und wohnte wieder im Haus der Eltern in der Philippine-Welser-Straße. Hermann blieb in Bamberg. Die Ehe wurde 1934 geschieden. Hermann Frank ging im September 1934 nach Paris.
Hertha besuchte regulär für vier Jahre die Volksschule St. Anna und kam 1936 auf die Maria-Theresia-Schule, in dieselbe Lyzeumsklasse wie Hannah Untermayer. Mit elf Jahren verließ sie die Schule am 19. Juni 1937 während des Schuljahres, ohne einen Abschluss zu machen. Sie emigrierte noch im selben Monat mit ihrer Mutter Fanny in die USA. Dort stellte sie ihrem ungeliebten Vornamen den neuen Namen »Joan« voran. Bis zu ihrer Heirat lebte sie in New York zusammen mit ihrer Mutter.
Joans Vater, Hermann Frank, wurde im März 1943 von Paris nach Auschwitz deportiert und 1945 vom Internationalen Roten Kreuz für tot erklärt.
Joan schloss 1944 die High School ab, arbeitete als Büroleiterin und besuchte abends ein College. 1948 heiratete sie den Ingenieur Heinz Erich Steinberg (Henry Eric Stone) aus München, einen Sohn von Franziska Rosenfelder. Als die Geburt ihres ersten Kindes bevorstand, gab Joan ihren Beruf auf. Das Ehepaar bekam zwischen 1950 und 1960 vier Kinder.
Joan Stone, geb. Hertha Frank, hat 1973 ihre alte Heimatstadt Augsburg besucht. Bis zu ihrem Tod 2016 lebte sie mit ihrem Mann in den USA.

(Diese Kurzbiografie beruht auf Joan Stones eigenen Angaben.)
 




Das USC Shoah Foundation Institute verzeichnet Video-Interviews von Überlebenden der Schoa, darunter Joan Stone, geb. Hertha Frank.

    Rosa Frank
geb. 1897 in Augsburg, Vater Metzgermeister, Dominikanergasse 14

Rosas Vater Adolf Frank (geb. 1864 in Bütthard) schlachtete für die jüdische Gemeinde nach den jüdischen
Vorschriften. Rosas Mutter hieß Laura, geb. Lemle, gesch. Herzog (geb. 1862). Rosa hatte aus der ersten Ehe ihrer Mutter eine ältere Halbschwester namens Bella, geb. Herzog (geb. 1884). Aus der zweiten Ehe der Mutter hatte Rosa drei Geschwister, von denen eine Schwester, Hedwig, wie sie selbst die Maria-Theresia-Schule besucht hatte; die anderen beiden hießen Ida Jette (geb. 1892) und Arthur (geb. 1900). Zwei weitere Geschwister waren schon als kleine Kinder gestorben.
Rosa war eine Cousine von ihrer Namensvetterin Rosa Frank (geb. 1898) und von Herta Frank.
Rosa besuchte die »Städtische Töchterschule«, die später »Maria-Theresia-Schule« genannt wurde, von 1909 bis 1912 in den Klassen 1a, 3a und 4b.
1922 heiratete Rosa den Metzgermeister Sigmund Schwab (geb. 1886 in Schmieheim). Sie bekam zwei Töchter. Mit ihnen und ihrem Mann emigrierte sie, so wie später auch ihre Schwester Hedwig, 1938 nach Buffalo (New York). Sigmund führte in Buffalo ein Feinkostgeschäft.
Rosa Schwab, geb. Frank, ist 1963 in Buffalo gestorben.
Rosas Vater starb 1930 in Augsburg. Die verwitwete Laura Frank zog 1939 nach München und wurde 1942 im Juni nach Theresienstadt deportiert, drei Monate später in Treblinka ermordet.
Rosas Bruder Arthur arbeitete als Schlächter in Berlin. Seine Schwester Hedwig hat aufgezeichnet, dass er 1941 in Grafeneck starb. Auf Schloss Grafeneck (Württemberg) brachten die Nationalsozialisten 1940 über 10.000 behinderte oder kranke Menschen um; auch aus bayerischen Krankenanstalten wurden Pfleglinge zwecks »Euthanasie« dorthin gebracht. Die Aktion endete im Dezember 1940. Laut
 




Auskunft von Franka Rößner (Gedenkstätte Grafeneck e.V.) ist Arthur Frank nicht unter den 8000 Opfern, deren Namen derzeit bekannt sind (Dezember 2005).
Rosas Schwester Ida Jette war in zweiter Ehe mit Raphael Weil (geb. 1881 in Friesenheim) verheiratet. Das Ehepaar wohnte in Berlin-Charlottenburg. Beide wurden im Januar 1943 nach Auschwitz deportiert.
Rosas Halbschwester Bella heiratete Leopold Homburger. Sie lebte in München. Von dort wurde sie als Witwe im November 1941 nach Kowno (Kaunas) in Litauen deportiert und wenige Tage nach der Ankunft erschossen.

Siehe Andreas Heusler, Brigitte Schmidt, Eva Ohlen, Tobias Weger u. Simone Dicke, Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933–1945, Bd. 1 (A–L), hrsg. vom Stadtarchiv München, München 2003, S. 365 (zu Laura Frank) und S. 628 (zu Bella Homburger).
Stammbaum von Rosa Frank im Internet: JewishGen, »The Family Tree of the Jewish People« (Stand: März 2007).

Literatur:
Thomas Stöckle, Grafeneck 1940. Die Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland, Tübingen 2002.

    Rosa Frank
geb. 1898 in Augsburg, Vater Viehhändler

Rosas Eltern waren Leopold Frank (geb. 1868 in Bütthard) und Barbara, geb. Schimmel (geb. 1871 in Steppach bei Augsburg). So wie Rosa hatte schon ihre ältere Schwester Herta die »Städtische Töchterschule« besucht, die später »Maria-Theresia-Schule« genannt wurde.
Rosa war eine Cousine von ihrer Namensvetterin Rosa Frank (geb. 1897) und von Hedwig Frank.
Im Januar 1907 wurde die Ehe von Rosas Eltern geschieden.
1910 trat Rosa in Klasse 2b der Töchterschule ein. 1911, noch während dieses Schuljahrs, starb Rosas Vater. Rosa blieb noch bis 1913, bis zur Klasse 4b, an der Schule.
1915 bewarb sich Rosa um Aufnahme in den städtischen Kanzleidienst.
Rosas Mutter starb 1923 in Augsburg.
Rosa heiratete den nicht-jüdischen Max Hämmerle und hat das nationalsozialistische Regime in Augsburg überlebt.
Rosa Hämmerle, geb. Frank, ist 1979 in Augsburg gestorben.
Rosas Bruder Siegfried (1902–1955) emigrierte 1933 nach Frankreich.
Rosas Bruder Ludwig (1900–1983) arbeitete in Augsburg als Buchhalter in der Firma Wernecker & Farnbacher. 1939 ging er zu seinem Bruder Siegfried, der mit seiner Familie in Lyon lebte. Im September 1942 versuchte Ludwig vergeblich, in die Schweiz zu fliehen. Er wurde nach Auschwitz deportiert. Dort war er in der Schreibstube beschäftigt und überlebte die Haft im Lager.
 




Literatur:
Ludwig Frank, Brief über seine Deportation in mehrere Lager 1942–1945, Auszug bei Ernst Jacob, Rundschreiben Nr. 11, April 1946, in: Gernot Römer, »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007, S. 116–123, hier S. 121f.
Auszug aus einem ähnlichen Brief, Lyon, Dezember 1946, in: Irmgard Hirsch-Erlund, Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung, hrsg. von Gernot Römer, Augsburg 1999, S. 155–158.

   
 
  Anna Friedmann
geb. 1915 in Augsburg, Vater Kaufmann (»Friedmann & Dannenbaum«), Wohnung Hallstraße B 154 / I (später Nr. 12), Geschäft Annastraße / Ecke Annaplatz (heute Martin-Luther-Platz)

Annas Vater Ludwig Friedmann (geb. 1880 in Augsburg) war Teilhaber einer der damals führenden Herstellerfirmen von Wäsche in Bayern, Soldat im 1. Weltkrieg, überzeugter liberaler Jude, zweiter Vorstand der letzten jüdischen Gemeinde in Augsburg vor dem Krieg. Annas Mutter Selma, geb. Fromm (geb. 1890 in Augsburg), war Schülerin am A. B. von Stettenschen Institut in Augsburg gewesen, einer privaten Mädchenschule.
Anna hatte einen älteren Bruder, Friedrich (»Fritz«, geb. 1912), eine jüngere Schwester, Elisabeth (»Lia«, geb. 1919), und einen jüngeren Bruder, Otto (geb. 1926).
Anna besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1926 bis 1932 in den Klassen 1–3 und G4–G6.
Am 2. Juni 1930 feierte Anna zusammen mit acht anderen jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah: Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
Anna war eine begabte Pianistin, im Elternhaus wurde anspruchsvolle Kammermusik gepflegt, u.a. mit Rolf Fabian an der Violine (Rolf heiratete Elsbeth Guggenheimer). Die Familie nahm oft teil, wenn die Brüder Otto und Eugen Jochum (der spätere berühmte Dirigent) Opernbesuche im Stadttheater mit privaten Einführungen organisierten.
 




Nach der Schulzeit absolvierte Anna mehrere Praktika und Lehrlings-Anstellungen als Damenschneiderin. Im Dezember 1936 emigrierte sie zusammen mit ihrem Freund, dem Ingenieur Ludwig Spiro (geb. 1912 in Trier), nach England. Zwei Jahre später heirateten sie. Von Mai 1940 bis Januar/Februar 1941 waren Anna und Ludwig in Lagern auf der Insel Man interniert. Das Ehepaar bekam zwei Söhne, 1942 und 1947. Bis 1947 war Anna als Damenschneiderin tätig.
Anna Spiro, geb. Friedmann, ist 1999 in London gestorben.
Im Februar 1939 konnten auch Annas jüngere Geschwister Lia und, mit einem Kindertransport, Otto nach England auswandern. Lia zog wenig später weiter nach New York und verheiratete sich dort. Auch Otto ließ sich in den USA nieder.
Annas älterer Bruder Fritz emigrierte nach kurzer Haft 1933 nach Rom und heiratete dort 1938 Elisabeth Oberdorfer. Das Ehepaar emigrierte 1939/40 aus Italien in die USA und kehrte 1960 nach Deutschland zurück. Nach einer langen wissenschaftlichen Karriere in den USA und in München zog Fritz mit seiner Frau wieder in die Nähe von Augsburg, wo er 2008 starb.
Annas Mutter Selma leistete während des Krieges wie viele jüdische Mädchen und Frauen in Augsburg Zwangsarbeit, nach Annas Bericht bei MAN, laut einem Dokument jedoch zumindest von Februar 1942 bis Anfang März 1943 in der Augsburger Ballonfabrik. Beide Eltern mussten 1942 in ein »Judenhaus« in der Bahnhofstraße 18 1/5 umziehen, wo sie dicht gedrängt mit anderen Ehepaaren zusammenwohnten. Sie nahmen sich am 7. März 1943 gemeinsam mit den befreundeten Ehepaaren Englaender und Guggenheimer das Leben, als ihnen die
 




Deportation nach Auschwitz bevorstand (siehe die Biografien von Elisabeth Englaender und Elsbeth Guggenheimer).

Siehe die Notiz von Annas Ehemann Ludwig Spiro über ihre Ausbildung und Berufstätigkeit als Damenschneiderin, E-Mail von März 2005, zitiert bei Gernot Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007, S. 350.
»Aufstellung über die in der Ballonfabrik Augsburg beschäftigt gewesenen jüdischen Arbeiter und Arbeiterinnen«, S. 1, abgebildet in: Monika Müller, »Es ist ein hartes Los, das uns getroffen hat.« Der Weg der Familie Einstein aus Augsburg-Kriegshaber / “It’s a Cruel Hand We’ve Been Dealt.ˮ The Einstein Family of Augsburg-Kriegshaber, Augsburg 2012, S. 45.

Literatur:
Anna Spiro (geb. Friedmann), Years to Remember, London 1988 (Privatdruck); kurzer übersetzter Auszug in: Peter Wolf (Hrsg.), Spuren. Die jüdischen Schülerinnen und die Zeit des Nationalsozialismus an der Maria-Theresia-Schule Augsburg. Ein Bericht der Projektgruppe »Spurensuche« des Maria-Theresia-Gymnasiums, Augsburg 2005, S. 61; auch auf dieser Website (s.u.).

Zeitzeugen – Briefe und Erinnerungen:
Auszug aus Anna Spiro, geb. Friedmann, Years to Remember, London 1988 (Privatdruck).
zum Text