Berta Zinner
geb. 1911, Vater Kaufmann, Am Pfannenstiel 17

Adolf Zinner (oder Ciner, geb. 1884) stammte aus Wadowice in Polen. Seine Frau Lina war eine geborene Adler (geb. 1884 in Aufhausen). Das Ehepaar führte ein Weiß- und Wollwarengeschäft. Berta hatte einen jüngeren Bruder namens Leopold (geb. 1913).
Berta besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1924 bis 1926 in den Klassen 3a und 4b; vermutlich war sie 1922 in Klasse 1 eingetreten.
1936 heiratete Berta
in Augsburg Günther Leschnitzer (geb. 1912 in Königshütte, Oberschlesien). Günther war Abteilungsleiter im Augsburger Kaufhaus Schocken. Noch im selben Jahr emigrierte das Ehepaar nach Brasilien, dann weiter nach Buenos Aires.
Am 10. November 1938, nach der »Reichskristallnacht«, wurden Bertas Vater und Bruder, Adolf und Leo Zinner, festgenommen und zusammen mit vielen anderen jüdischen Männern aus Augsburg ins KZ Dachau gebracht.
Im Dezember 1941 befand sich Adolf Zinner in einem Konzentrationslager – vielleicht noch in Dachau, vielleicht schon in Auschwitz. Im Dezember 1942 kam er in Auschwitz um.
Bertas Mutter Lina führte von 1942 bis März 1943 einen »jüdischen Speisewirtschaftsbetrieb« in der Halderstraße 8 (nahe bei der Synagoge). Lina ist dann unbekannt verschollen; vermutlich wurde sie, wie viele jüdische Frauen aus Augsburg, Anfang März nach Auschwitz deportiert.
Bertas Bruder Leo wanderte 1939 nach England aus. Er wurde dort einige Zeit im Kitchener Camp in Kent interniert, einem Lager, wo viele Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich warteten, um zur Einwanderung in die USA zugelassen zu werden. Leo diente dann in der britischen Armee. Seinen Namen anglisierte er zu »Louis Skinner«.
 




Siehe
die Steuerakte von Adolf Zinner im Staatsarchiv Augsburg.

   
 
  Marga Zöllner
geb. 1914 in Augsburg, Vater Studienprofessor

Marga war evangelisch getauft, so wie ihr Vater Siegfried (geb. 1883). Ihre Mutter Klärle (Klara) war jedoch jüdisch, eine Tochter von Philipp Rosenthal, dem Gründer der berühmten Porzellanfirma im bayerischen Selb. Siegfried Zöllner unterrichtete seit 1911 Mathematik, Physik und Naturwissenschaft an der Maria-Theresia-Schule. Zuletzt war er auch stellvertretender Schulleiter; ihm oblagen die Aufstellung des Stundenplans, die Verwaltung der Lehrmittelsammlung und die Pflege des Schulgartens. Er war als Lehrer sehr beliebt.
Marga hatte einen jüngeren Bruder: Walter Zöllner (geb. 1918).
Marga trat im Schuljahr 1924/25 in Klasse 1a der Maria-Theresia-Schule ein. Sie verbrachte ihre gesamte Schulzeit zusammen in einer Klasse mit  Gertrud Aufhäuser und Anna Triest. Im März 1933 legte sie die Reifeprüfung ab, zwei Monate nach der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten, nach deren Gesetzen sie dann als »Mischling 1. Grades« oder »halbjüdisch« zu gelten hatte.
Margas Vater Siegfried geriet wegen seiner Ehe mit einer Jüdin zunehmend unter Druck. Spätestens 1937 wäre er aufgrund der nationalsozialistischen Gesetze wohl aus dem Schuldienst entlassen worden. Zudem gab es in der Familie Rosenthal Zwistigkeiten, die mit der zweiten Ehe Philipp Rosenthals sowie der drohenden »Arisierung« der Firma zusammenhingen.
Marga wurde Schauspielerin und fand 1933/34 ein erstes Engagement am deutschen Theater von Riga (Lettland).
Im Oktober 1934 nahm sich Klärle Zöllner im Ammersee das Leben.
In der nächsten Spielzeit arbeitete Marga am Neuen Stadttheater von Teplitz (Sudetenland). Dort trat sie in dem damals neuen Stück Menschen in Weiß von Sidney Kingsley sowie in Ibsens Gespenster auf.
Gegen Ende der Sommerferien 1935, starb auch Margas Vater nach kurzer, schwerer Krankheit (siehe im Website-Bereich »Spurensuche« das Jahr 1935 mit Foto und Todesanzeigen von S. Zöllner).
Für die Saison 1935/36 wechselte Marga ans Stadttheater in Bern. Dort heiratete sie 1936 den Arzt Dr. Peppo Galli.
 




1940/41 übernahm Marga kleine Rollen in zwei Filmen des Regisseurs Edmund Heuberger. Das Menschlein Matthias, nach dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Paul Ilg, ist ein engagierter Film, der die Härte der sozialen Ächtung einer unverheirateten Mutter und ihres Kindes zeigt. Der jüdische Produzent, Stefan Markus, war ein Freund Ilgs. Im Roman wird auch das kleinstädtische Ressentiment gegen den Hauptarbeitgeber am Ort, einen jüdischen Fabrikanten, geschildert, aber dieses Motiv wurde aus dem Film herausgehalten. Marga Zöllner-Galli spielt Else, die Freundin der Hauptfigur Brigitte Böhni.
Extrazug – Chum lueg d’Heimet a bietet hauptsächlich Landschaftsaufnahmen aus der Schweiz, die mit einer komischen Rahmenhandlung versehen wurden. Hier tritt Marga Galli als die Ehefrau von Buchhalter Stünzi auf, einem der beiden männlichen Protagonisten.
Marga und ihr Mann bekamen Kinder und lebten mit ihnen in Bern.
Marga Zöllner-Galli ist 1985 gestorben.
Auch Margas Bruder Walter wanderte in die Schweiz aus. Dort studierte er und heiratete Antoinette Wildbolz. 1955 starb er nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 37 Jahren in Santiago de Chile, wo er den Wiederaufbau des südamerikanischen Geschäftes der Rosenthal-Porzellan-AG geleitet hatte.

 




Siehe
Anonym, »Rosenthal-Porzellan – Die Bedarfsweckungstour«, in: Der Spiegel Nr. 19 vom 9. Mai 1956, S. 18–28.
Hervé Dumont, Geschichte des Schweizer Films. Spielfilme 1896–1965, Lausanne 1987, S. 270–273 und 284.
Werner Wider, Der Schweizer Film 1929–1964. Die Schweiz als Ritual. Bd. I: Darstellung, Zürich 1981, S. 283–290.
Kurzbiografie Marga Zöllners auf einer Website zum Teplitzer Theater: http://teplitz-theatre.net/zollner-marga/ (Stand: April 2019).

Zeitzeugen-Gespräche: Gertrud Prechter über Siegfried Zöllner.

 

Zeitzeugen – Briefe und Erinnerungen: Lotte Dann-Treves über Siegfried Zöllner.

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