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  1940    
Nationale
Ereignisse
  1941  
 
»Mit besonderer Spannung und Anteilnahme hörten unsere Schülerinnen die Führerreden des Jahres, wozu ihnen in der Anstalt oder zu Hause bei rechtzeitigem Unterrichtsschluss Gelegenheit geboten wurde, so am 10. Dezember 1940 und am 30. Januar 41 ... Staatspolitische Filmvorführungen ... am 28. April 1941 ... ›Sieg im Westen‹.

Die nationalpolitischen Lehrgänge der Maria-Theresia-Oberschule: Im Sommer 1940, dem ersten Kriegssommer, wagten wir es nicht diese Lehrgänge weiterzuführen, da das Landheim, gleich vielen Häusern des Tales, keinen Keller besitzt und da auch die Maginotlinie noch in Feindeshand war. Nach der allgemeinen Kriegslage und den bisherigen Erfahrungen hinsichtlich der Gefährdung der Gegend durch feindliche Flieger bestanden ernsthafte Bedenken im Sommer 1941 nicht mehr. Die Verdunklung erwies sich als ausreichend für die kurzen Sommernächte ...
  Unmittelbar vor Drucklegung dieses Jahresberichts traf die Meldung von der gewaltigen Vernichtungsschlacht ostwärts Bialystok ein. Erfüllt von der Größe dieser weltgeschichtlichen Tat schließen wir den Jahresbericht ab und danken aus tiefster Seele unserer tapferen Wehrmacht, dem deutschen Soldaten wie seiner Führung ... Anfang Juli 1941.«  
Marie Bach (geb. 1902)
1940 interniert in Gurs (Südfrankreich),
deportiert im August 1942 nach Auschwitz

Else Einstein (geb. 1910)
1940 interniert in Gurs
1941 entkommen

Rosa Lieblich (geb. 1887)
deportiert im Oktober 1940 nach Gurs,
im September 1942 nach Auschwitz

Deportationen von MT-Schülerinnen
Deportationen von MT-Schülerinnen

deportiert im November 1941 nach Kowno (Litauen), dort ermordet
Johanna Bär (geb. 1897)
Rosa Deller (geb. 1899)
Stella Politzer (geb. 1907)
Dina Strauss (geb. 1900)

deportiert im Dezember 1941 nach Riga Selma Cohen (geb. 1903)
Sidonie Münzer (geb. 1913)
 
»... An sich bestünde in Augsburg zwar die Möglichkeit der Schaffung eines ›Ghetto‹. Nach Lage und sonstigen Umständen wären die in Frage kommenden Barackensiedlungen (an der Schertlinstraße) nicht ungünstig ... Es wird damit zu rechnen sein, dass ein ziemlich hoher Hundertsatz der Juden beabsichtigt, überhaupt nicht ans Auswandern zu denken. Dies dürfte in Sonderheit dann der Fall sein, wenn nicht eine sehr merkliche Beschneidung ihrer bisherigen Rechte eintreten sollte ... Die Stapostelle Augsburg hat ... im Benehmen mit dem Oberbürgermeister der Stadt Augsburg (Wohnungsnachweisstelle) dafür gesorgt, dass die Judenwohnungen dichter als bisher belegt und damit für den Wohnungsmarkt Räume frei wurden. Diese Art der Wohnungsbeschaffung für deutsche Volksgenossen aber könnte und müsste noch intensiver betrieben werden ...
  ... sämtliche Juden, also auch die der Stadt Augsburg, an einem einzigen Ort zusammenzufassen.

In Ottobeuren ... befindet sich ein Benediktinerkloster, das dem zur Verfügung stehenden Raum nach allein ausreichen würde, um sämtliche 1222 Juden aufzunehmen ... Juden könnten in diesen Räumen ... noch mehr untergebracht werden, wenn die ganze Angelegenheit mit etwas militärischem Charakter aufgezogen werden sollte ...«
 
Kowno und Riga
Die ersten Deportationen deutscher Juden in Richtung Riga fanden im Spätherbst 1941 statt. In dem Transport, der München am 20. November verließ, befanden sich auch zahlreiche Augsburger und Augsburgerinnen. Der Zug sollte ursprünglich nach Riga fahren, wegen Überfüllung der dortigen Lager wurde aber kurzfristig Kowno als Ziel festgesetzt. Der Transport erreichte Riga nicht. Die Männer, Frauen und Kinder wurden in Kowno in ein Fort der litauischen Stadt Kowno gebracht und dort erschossen. Andere Transporte teilten dieses Schicksal. In Kowno erinnern heute eine Gedenkstätte und ein Museum an diese Verbrechen.

 
Deutscher Aufsatz (H 8)
»Die Frau ist in besonderem Maße dafür verantwortlich, dass die Geschlossenheit der inneren Front unseres Volkes erhalten bleibt und die der äußeren dadurch geschützt werde.«

Geschichte (G 8)
»Adolf Hitlers Kampf um die Gleichberechtigung Deutschlands und den Frieden Europas.«

Englische Sprache (G 8, Nacherzählung) »The Torpedo that jumped.«
(S 8, Nacherzählung) »A Brave German Spy.«

Hauswirtschaft (H 8)
»Bereite ein Mittagessen für 4 Personen. Die Fleischkarte enthält noch 250g.«
 
 
»Die Beschwerden, dass auf dem Wochenmarkt immer noch Juden einkaufen, laufen beim städt. Marktamt immer noch ein.«
 
 
»In den Klassenzimmern sollten die Kreuze entfernt und durch Hitlerbilder ersetzt werden. Viele Eltern protestierten und man kam zu dem Kompromiss, an der Wand die Kreuze zu belassen und die Hitlerbilder zuzufügen.«
 
 
»Auch im Schuljahre 1940/41, dem zweiten Kriegsschuljahr, standen wir völlig unter dem Eindruck der großen Taten unserer Wehrmacht. In atemloser Spannung erlebten wir die kühne Eroberung Norwegens, die Niederwerfung Hollands, Belgiens und vor allem Frankreichs, bewunderten den Siegeszug unserer Truppen durch die Balkanhalbinsel bis hinunter nach Kreta und erwarten nun gegen Ende des Schuljahres in fester Zuversicht den Sieg über den neuen Feind, Russland. Einen wertvollen Teil des Unterrichts bildeten 7 Rundfunk-Gemeinschaftsempfänge, bei denen hervorragende Männer des neuen Deutschlands zur Jugend sprachen. Von staatspolitischen Filmvorführungen besuchte die Schule am 22. und 23. April 1940 den ›Feldzug in Polen‹ ... Geschenkt wurde vom Unterrichtsministerium am 11.5.40 das Werk ›Der Feldzug in Polen‹ ... am 18. Juni 1940 hatten unsere Schülerinnen das Glück, dem Manne, dem es zum erstenmal gelang, die Kraft unseres Volkes in einem Willen zusammenzufassen und der in genialem Weitblick alle Vorbereitungen zu den gewaltigen Leistungen treffen ließ, bei seiner Durchfahrt durch unsere Stadt am Bahnhof zujubeln und ihm damit unsere
  Dankbarkeit aussprechen zu dürfen. Als am 25. Juni 1940 unsere Jugend zur Schule kam und erfuhr, dass in der Frühe um 1.35 Uhr der von Frankreich erbetene Waffenstillstand in Kraft getreten war, da fühlte sie – wenn auch nicht so stark wie wir, die alte Generation – welch eine Höhe die deutsche Geschichte erklommen hatte und was es bedeutete, dass unser deutsches Volk endlich nach vielhundertjährigem Kampf und Leid sich seinen Boden vor den immer wiederkehrenden Angriffen der Feinde gesichert hatte. Durch eine kleine Feier wurde der tiefe Sinn dieses einmaligen Ereignisses verdeutlicht. Dann gehörte der Tag der Jugend ... Die Kleiderablage im Kellergeschoss und der Keller unter der Turnhalle wurden als Luftschutzräume splitter- und gassicher ausgebaut. Die Klasse IVa, die im vorigen Schuljahr in Luftschutz und Brandbekämpfung ausgebildet wurde, stellt die Hausfeuerwehr. Alarmübungen fanden wiederholt statt.«  
  Deutsch
1. »›Wir Deutsche blicken ruhigen und festen Mutes in die Zukunft, was sie uns auch bringen möge.‹ (Rudolf Heß)«
2. »Kampf hält die Kräfte rege.«

Geschichte
»So groß auch die Schädigungen waren, die Kriegsende und Systemzeit unserem Volk zufügten, Adolf Hitlers Aufbauarbeit war größer.«

Englisch (Nacherzählung): »A Day in a Women’s Labour Camp.«

Chemie
1. a) »Nach welchen Gesichtspunkten kann man die Kampfstoffe einteilen und bewerten?«
b) »Zusammensetzung, Eigenschaften und Wirkungsweise der wichtigsten Vertreter der Grünkreuzgruppe.«
c) »Geschichte, Herstellung, chemische, physikalische und physiologische Kennzeichnung des Lost.«
(Anm.: Grünkreuz ist ein Lungengift, Lost ein Hautgift.)
2. c) »Wie erhält man Glyzerin? Eigenschaften und Verwendung dieses Stoffes einschließlich der Sprengmittelherstellung.«
 
Marianne Weil wird 1940 von der Kunstschule ausgeschlossen und arbeitet ab 1941 als Vorarbeiterin in der Ballonfabrik Augsburg, die damals Werkstätten in der Augsburger Kammgarnspinnerei unterhält.
 
»Nach hier eingegangenen Berichten führen besonders die auf dem Lande wohnenden Juden mit ihren Fahrrädern öfters Spazierfahrten aus. Das in der Tagespresse veröffentlichte Gebot, das Spazierenfahren auf das allernotwendigste Maß zu beschränken, wird von den Juden nicht genügend beachtet. Dieses Verhalten ist geeignet, in der Bevölkerung größtes Ärgernis zu er-regen, da andererseits mancher arbeitende Volksgenosse nicht die notwendige Fahrradbereifung erhalten kann. Ich bitte daher, diesem Treiben der Juden größtes Augenmerk zu schenken. In Fällen, in denen offensichtliches Spazierenfahren vorliegt und die Juden nicht in der Lage sind, durch einen stichhaltigen Grund die Notwendigkeit der Fahrt nachzuweisen, sind diese wegen Missachtung der gebotenen Zurückhaltung, der sich Juden heute zu befleißigen haben und wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses für die Dauer von drei Wochen in Polizeihaft zu nehmen. In besonders schweren Fällen wird mit Schutzhaft vorgegangen.«
 
Bis 1940 studiert Marianne Weil an der Höheren Kunstschule der Stadt Augsburg Grafik.

»Ich erinnere mich an Marianne sehr gut, weil sie eine Reihe hinter mir saß, weil sie mir vertraute – auch darum, weil ich unter meinen Freunden eine Reihe von Juden aus der Jugendbewegung hatte. Marianne ist mir als mittelgroßes, schlankes Mädchen in Erinnerung, schwarzes Haar, gescheitelt und in zwei kräftigen Zöpfen den Rücken hinabhängend. Sie war sehr intelligent, in der malerischen und zeichnerischen Darstellung sehr begabt und gewissenhaft. Ein bisschen spröde und auf Distanz bedacht – angesichts einer begeisterten Hitlerjugendschaft von Mitschülern nicht verwunderlich. Dennoch war sie mutig und stolz ... Frühjahr 1940: Auseinandersetzung in der Klasse von Prof. Fritz Döllgast um eine Jüdin: Marianne Weil. Ihr war von einem mitstudierenden Volksschullehrer vorgeworfen worden, in einer gegebenen Klassenaufgabe, betitelt ›Leuchte‹, einen siebenarmigen Leuchter als Aufgabenlösung abgeliefert zu haben, was er und schließlich die ganze Klasse als einen Affront gegen die nationalsozialistischen Überzeugungen der Schülerschaft bezeichnete.«

Brief von Prof. Eugen Nerdinger an Arie Weil vom 17. Januar 1986