Gella Deller
geb. 1888 in Fischach, Vater Kaufmann
ebendort
Gellas Vater war der Viehhändler
Kallmann oder Kalmann Deller (geb. 1862 in Fischach), ihre Mutter
hieß Johanna oder Hannchen, geb. Schwarz (geb. 1864 in Osterberg).
So wie Gella sollte auch ihre jüngere Schwester
Rosa die »Städtische Töchterschule«
besuchen, die später »Maria-Theresia-Schule« hieß.
Gella besuchte die »Töchterschule« nur für ein Jahr, 1902/03
in Klasse 1.
Gellas Mutter Hannchen starb 1940 in Augsburg. Vater Kallmann,
zuletzt wohnhaft in der Hochfeldstraße 6, war unter den Augsburger
Juden, die Ende Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden;
er starb dort am 15. Dezember desselben Jahres.
Gella wurde Anfang April 1942 nach Piaski in Polen deportiert
und gilt als verschollen. Sie war nicht verheiratet.
Zwei Monate lang, von April bis Juni 1942, lebte auch
der Ingenieur Arnold Hindls aus Brno (Brünn) in Piaski – für
ihn war dies nur eine Verschleppungsstation von vielen, zwischen
Theresienstadt und Ossowo. Über Piaski schreibt er in seinen
Erinnerungen (Einer kehrte zurück, 1965): »Piaski, ein
kleines Städtchen in der Lubliner Woiwodschaft, ringsum von
Sand und Sümpfen und Wald umgeben, ist durch die Staatsstraße
Lublin–Cholm (= Chelm) in zwei Teile geteilt, weshalb sich das
ehemals große, von etwa dreitausend einheimischen Juden bewohnte
Getto zu beiden Seiten der Staatsstraße ausbreitete. Nur waren
die beiden Gettoteile jetzt, jeder für sich, mit hohen Bretterzäunen
und Stacheldraht eingefriedet, mit großen, ständig bewachten
Toren, die nur vormittags und nachmittags je eine Stunde am
Tage geöffnet wurden und zur Staatsstraße hin abgeschlossen
waren. … Die Häuser des Gettos waren zumeist aus Holz, mit nur
kleinen Höfen, ineinandergeschachtelt, vorwiegend ebenerdig,
manche einstöckig. … Im Städtchen gab es weder Wasserleitung
noch Kanalisierung. Für die rund sechstausend Menschen zählende
Belegschaft der beiden Gettoteile … gab es nur einen einzigen
Brunnen mit annehmbarem Trinkwasser im südlichen Getto, von
dem pro Person und pro Tag nur ein Kübel von zehn Liter Inhalt
geholt werden durfte. … Am Rande des südlich gelegenen Gettos,
an der Staatsstraße, war in einem geräumigen, solid gebauten
Gebäude das Kommando der SS untergebracht, dem das Getto unterstellt
war. Von dem Balkon des Gebäudes konnte die SS beide Gettoteile
sehr gut beobachten. Bei jedem Besuch dieser ›Herrenmenschen‹
gab es reichlich Ohrfeigen, Fußtritte und Peitschenhiebe, und
›nicht erlaubte‹ Lebensmittel, die ins Getto geschmuggelt worden
waren, wurden beschlagnahmt. … An Hunger starben hier täglich
zwanzig bis dreißig Menschen, die zu vollkommenen Skeletten
abgemagert waren. … Trotz dieser katastrophalen Verpflegungsverhältnisse
wurden alle arbeitsfähigen Männer und Frauen täglich gruppenweise
zu Erd-, Garten- und Straßenunterhaltungsarbeiten herangezogen
… Auch im Getto selbst gab es genug Arbeit, wie die Reinigung
und Vertiefung der Abflussgräben und Rigolen, die Errichtung
von Latrinen und immer wieder Latrinen, die nie ausreichten.«
Im Herbst 1942 wurden einige Juden aus Piaski nach Belzec, die
übrigen, etwa 4000, nach Sobibor gebracht und dort ermordet.
Sofort wurde das »Ghetto« durch Deportationen erneut belegt.
Der Name von Gella Deller
ist auf einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte aufgeführt, die
im Augsburger Rathaus zu besichtigen ist (Künstler: Klaus Goth).
Literatur:
Arnold Hindls, Einer kehrte zurück. Bericht eines
Deportierten, Stuttgart 1965, S. 12–32. |