Rosa Deller
geb. 1899 in Fischach, Vater Kaufmann
in Augsburg
Rosas Vater war der Viehhändler
Kallmann oder Kalmann Deller (geb. 1862 in Fischach), ihre Mutter
hieß Johanna oder Hannchen, geb. Schwarz (geb. 1864 in Osterberg).
So wie Rosa hatte auch ihre ältere Schwester
Gella die »Städtische Töchterschule«
besucht, die später »Maria-Theresia-Schule« heißen sollte.
Rosa besuchte die »Töchterschule« von 1910 bis 1912 in den Klassen
2a und 3b.
Rosas Mutter Hannchen starb 1940 in Augsburg. Vater Kallmann,
zuletzt wohnhaft in der Hochfeldstraße 6, war unter den Augsburger
Juden, die Ende Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden;
er starb dort am 15. Dezember desselben Jahres.
Rosa heiratete den Kaufmann Julius Herbst (geb. 1895) und zog
im Januar 1940 zu ihm nach München. Julius hatte nach
der »Reichskristallnacht« 1938 seine Provisionsvertretung für
Zigaretten aufgeben müssen. Das Ehepaar wurde am 20. November
1941 nach Kowno (Kaunas) in Litauen deportiert, so wie auch
Johanna Bär,
Stella Politzer und
Dina Strauss. Fünf Tage später wurden die
verschleppten Frauen, Männer und
Kinder in Kowno erschossen.
»Für München lag die Federführung dieser Aktion bei der Stapoleitstelle
im Wittelsbacher Palais an der Brienner Straße. Der hier für
›Judenfragen‹ zuständige SS-Hauptsturmführer Johann Pfeuffer
… beauftragte … den Syndikus der Israelitischen Kultusgemeinde
München, Julius Hechinger, mit der Benennung von 1000 Personen
für die bevorstehende ›Evakuierung‹. … Die Information und Vorbereitung
der Personen auf die Deportation war ebenfalls Aufgabe der Kultusgemeinde.
Manche der zur Deportation bestimmten Menschen wurden schon
Tage vorher, manche erst am Vortag des Transports an ihrem Wohnsitz
abgeholt und mit Omnibussen in das Lager Milbertshofen an der
Knorrstraße 148 gebracht. Bei der Ankunft … wurden die für die
Deportation vorgesehenen Personen sofort einer Leibesvisitation
unterzogen. Den Betroffenen war die Mitnahme von 50 kg Gepäck
gestattet worden; für die ›Reisekosten‹ waren … 50 Reichsmark
zu entrichten. … Zahlreiche Gegenstände wurden beschlagnahmt.
Gleichwohl bemühte sich die Gestapo, den Menschen eine ›Normalität‹
vorzugaukeln, es wurde versucht, die tödliche Bestimmung des
Transports zu verschleiern und den Eindruck zu erwecken, es
handle sich tatsächlich um eine ›Evakuierung‹ nach Osten, eine
Verschickung zum Arbeitseinsatz an einem bislang noch unbekannten
Ort. In den frühen Morgenstunden des 20. November 1941 erfolgte
schließlich …der
etwa fünfzehnminütige Fußmarsch vom Lager an der Knorrstraße
zum Bahnhof Milbertshofen. … Noch unmittelbar vor der Abfahrt
des Zuges erhielt der leitende Beamte … die Mitteilung, dass
der Transport nicht wie vorgesehen nach Riga, sondern nach Kaunas
in Litauen geleitet werde. … Nach Aussage der begleitenden Wachmannschaft
verlief der Transport nach Kaunas ›ruhig‹. Lediglich die unzureichende
Wasserversorgung sorgte für Unruhe. … Die Zugfahrt dauerte drei
Tage; die genaue Streckenführung ist nicht mehr zu rekonstruieren.
An einem Samstagabend erreichte der Zug Kaunas. Die Münchner
Juden wurden zu Fuß in das etwa sechs Kilometer nordwestlich
vor der Stadt gelegene Fort IX geführt. … Am 25. November 1941
– nachdem man sie also noch zwei Tage in den verrotteten Verliesen
des Forts festgehalten hatte – wurden die aus München deportierten
Menschen gemeinsam mit anderen Juden … erschossen. Die Leichen
der Ermordeten wurden in bereits ausgehobenen Gräben verscharrt.
Bis zuletzt hatte man die Menschen über das ihnen vorherbestimmte
Schicksal im Ungewissen gehalten« (A. Heusler).
Der Name von Rosa Herbst ist auf einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte
aufgeführt, die im Augsburger Rathaus zu besichtigen ist (Künstler:
Klaus Goth).
Siehe Andreas Heusler, Brigitte Schmidt, Eva
Ohlen, Tobias Weger u. Simone Dicke, Biographisches Gedenkbuch
der Münchner Juden 1933–1945, Bd. 1 (A–L), hrsg. vom Stadtarchiv
München, München 2003, S. 562.
Literatur:
Andreas Heusler, »Fahrt in den Tod. Der Mord an den
Münchner Juden in Kaunas (Litauen) am 25. November 1941«, in:
Stadtarchiv München (Hrsg.), »... verzogen, unbekannt
wohin.« Die erste Deportation von Münchner Juden im November
1941, Zürich – München 2000, S. 13–24. |