Else Einstein
geb. 1910 in Augsburg, Vater Brauerei-
und Gutsbesitzer (»Unterbaarer Bier«), Maximilianstraße B 5/7
Elses Vater hieß Gustav Einstein (geb. 1882 in Buttenwiesen),
ihre Mutter Rika (Ricka, Richa), geb. Bissinger (geb. 1887 in
Ichenhausen).
Else besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1924 bis 1926 in
den beiden letzten Lyzeumsklassen, 5a und 6a; vermutlich war
sie 1920 in Klasse 1 eingetreten.
Im Mai 1925
feierte Else zusammen
mit neun anderen jüdischen Mädchen – darunter
Ilse Thanhauser
– ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah: Fest der religiösen
Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat
nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde
in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation,
jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge
gemeinsam abgehalten).
1926 machte Else den Lyzeumsabschluss an der Maria-Theresia-Schule.
Auf dem Abschlussfoto der Klasse ist Else jedoch nicht zu sehen;
Ilse Baehr, geb. Thanhauser, erinnert sich, dass Else sich nicht
fotografieren lassen wollte und deshalb nicht zum Termin erschien
(E-Mail vom 1. März 2006).
Elses Vater Gustav »kehrte 1933 von einem Schweiz-Urlaub nicht
mehr nach Deutschland zurück. Die Nationalsozialisten entfesselten
daraufhin bis 1935 eine wüste Hetzkampagne gegen ihn und bezichtigten
ihn des Devisenschmuggels« (G. Römer).
Laut einem Steuersteckbrief des Finanzamts Augsburg (betreffs
»Reichsfluchtsteuer«) wanderte Gustav, dessen Beruf hier als
Güterhändler angegeben wird, 1933 zusammen mit seiner Ehefrau
Richa nach Evreux bei Paris aus.
Über mehrere Stationen emigrierte das Ehepaar schließlich in
die USA. Dort starb Rika 1953. Gustav kehrte 1956 nach Deutschland
zurück. Das Renaissance-Wasserschloss Unterbaar, das er 1928
gekauft hatte und das seit seiner Emigration durch verschiedene
Hände gegangen war, konnte er ein einem langen Rückerstattungsprozess
zurückgewinnen. 1960 starb er in Unterbaar, 1962 verkaufte Else
das Schloss.
Else war 1933 nach Paris gezogen und hatte dort als Gymnastiklehrerin
gearbeitet. 1940 wurde sie im Lager Gurs in Südwest-Frankreich
interniert, so wie auch Marie Bach. Aus Paris und Umgebung trafen
am 23. Mai 1940 im Lager 2.364 Frauen ein, darunter auch viele
Jüdinnen. Es handelte sich um ledige oder kinderlos verheiratete
Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die, als Deutschland
den Krieg gegen Frankreich ernsthaft zu führen begann, unter
Generalverdacht gestellt und auf diese Weise festgesetzt wurden.
Und nachdem am 22. Oktober 1940 etwa 7500 badische und saarpfälzische
Juden nach Gurs deportiert worden waren (unter ihnen
Rosa Lieblich), schickte die Polizei der Vichy-Regierung
auch weiterhin Juden, die in Frankreich aufgegriffen wurden,
in dieses Lager.
1941 konnte Else aus Gurs entkommen und emigrierte in die USA.
In New York heiratete sie Charles Zdenko Sajovic. 1943 und 1945
bekam das Ehepaar zwei Kinder. Else arbeitete als Masseuse.
Anfang der 1970er Jahre starb Elses Ehemann und sie kehrte nach
Deutschland zurück. In zweiter Ehe war sie mit David Spivak
verheiratet.
Else Spivak, geb. Einstein, ist 1999 in München gestorben.
Siehe Kerstin u. Frank Wolf, »Reichsfluchtsteuer und
Steuersteckbriefe 1932–1944«, im Internet:
home.arcor.de/kerstinwolf/augsb.htm (Stand: März
2007).
Gernot Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«.
Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949,
Augsburg 2007, S. 208 und 209 (Zitat).
Literatur:
Erwin Reichart, »Wasserschloss im Dornröschenschlaf.
Unterbaarer Herrschaftsgebäude ist seit 1962 unbewohnt«, in:
Augsburger Allgemeine Zeitung, Ausgabe Augsburg-Land,
3. September 1993, S. 25. |