Elisabeth Englaender
geb. 1915 in Augsburg, Vater Zahnarzt,
Annastraße D 217 / II
Elisabeths Eltern waren Dr. Paul Englaender (geb. 1884 in Jarotschin)
und seine Ehefrau Hedwig, geb. Steinfeld (geb. 1891 in
Augsburg). Elisabeth hatte einen jüngeren Bruder, Hans (geb.
1919).
Elisabeth (»Liesel«) besuchte die Maria-Theresia-Schule von
1926 bis 1935 in den Klassen 1–G9.
Am 2. Juni 1930 feierte Elisabeth gemeinsam mit acht anderen
jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« in Augsburg (Batmizwah:
Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell
am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden,
wurde in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation,
jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge
gemeinsam abgehalten).
Bei der Reifeprüfung 1935 gab Elisabeth als Berufswunsch Medizin
an. Sie emigrierte 1937 in die USA und arbeitete zunächst als
Fremdsprachensekretärin. Später heiratete sie Paul Husserl (geb.
1907) und betrieb zusammen mit ihm einen Einheitspreisladen.
Das Ehepaar bekam zwei Kinder. Paul starb 1977.
Elisabeth Husserl, geb. Englaender, ist 1980 in Long Island
(New York) gestorben.
Elisabeths Vater Paul Englaender stellte einen Antrag, in Großbritannien
als Zahnarzt zugelassen zu werden. Der Antrag wurde 1938 abgelehnt.
Elisabeths Mutter Hedwig leistete von Ende April 1942 bis Anfang
März 1943, wie viele andere jüdische Mädchen und Frauen, in
der Ballonfabrik Augsburg Zwangsarbeit. Paul und Hedwig mussten
in die Bahnhofstraße 18 1/5 ziehen, wo ein »Judenhaus« eingerichtet
worden war. Sie nahmen sich am 7. März 1943 – einen Tag bevor
sie nach Auschwitz deportiert werden sollten – zusammen mit
den befreundeten Ehepaaren
Friedmann und Guggenheimer
durch Leuchtgas das Leben (siehe die Biografien von
Anna Friedmann und
Elsbeth Guggenheimer). Hedwigs Eltern – Elisabeths
Großeltern – Hugo Steinfeld (geb. 1864) und Lina, geb. Heilbronner
(geb. 1869), hatten schon im November 1941 nur noch diesen Weg
aus der Bedrängnis gesehen; laut Hedwigs Sohn John Englander
wollten sie ihrer Tochter und deren Mann nicht im Wege stehen,
falls diese doch noch hätten auswandern können.
Elisabeths Bruder Hans wanderte 1938 in die USA aus. Als der
amerikanische Offizier John Englander kam er 1944 wieder nach
Europa; 1945 sah er auch Augsburg wieder. Er starb 2007.
Vor ihrer Emigration schrieb Elisabeth Englaender einen Abschiedsbrief
an Irmentrud Behr, ihre langjährige Klassenkameradin.
zum Text
Siehe John Englander,
Brief von Mai 1991, Auszug (über den Selbstmord seiner Großeltern)
bei Gernot Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«.
Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949,
Augsburg 2007, S. 354.
John Englander, Brief aus Augsburg vom Sommer 1945, Auszug bei
Ernst Jacob, Rundschreiben Nr. 10, August 1945, ebd., S. 101–115,
hier S. 112.
Literatur:
Gernot Römer, »Wir haben uns gewehrt.« Wie Juden
aus Schwaben gegen Hitler kämpften und wie Christen Juden halfen,
Augsburg 1995, S. 101–104 (zu John Englander).
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