Klara Thanhauser
geb. 1908 in Augsburg, Vater Kaufmann
Klaras Vater, der Viehhändler Nathan Thanhauser (geb. 1879 in
Augsburg), war ein Bruder von
Frieda und
Karoline Thanhauser.
Klaras Mutter hieß Natalie, geb. Hochherr (geb. 1880 in Berwangen).
So wie Klara besuchte auch ihre jüngere Schwester
Ilse die Maria-Theresia-Schule.
Die beiden Mädchen hatten noch einen jüngeren Bruder namens
Heinrich (geb. 1915).
Klara besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1918 bis 1920 in
den Klassen 1 und 2; vielleicht blieb sie bis 1923 bis zur Klasse
5 auf der Schule.
Anschließend belegte Klara einen Kurs auf einer Handelsschule
und arbeitete dann in einem Büro. Später ging sie als Lehrschwester
an ein Krankenhaus in Frankfurt am Main.
1937 heiratete Klara den Zigarrenfacharbeiter Siegfried
Straußer (geb. 1904 in Schweinfurt) und zog zu ihm nach Schweinfurt.
Das Ehepaar wanderte auf die Philippinen aus. Die näheren Umstände
erfuhr der gebürtige Berliner Frank Ephraim (der als Junge ebenfalls
auf den Philippinen Zuflucht gefunden hatte), als er die 90-jährige
Klara (Claire) im November 1998 für sein Buch Escape to Manila
interviewte.
Klara hatte im Sommer 1938 in einer jüdischen Zeitung einen
Artikel gelesen, in dem ein neues Einwanderungsprogramm der
Philippinen vorgestellt wurde. Dieses Programm war vor allem
den amerikanischen Gebrüdern Frieder, die in Manila Zigarren
produzieren ließen, und dem Präsidenten Manuel L. Quezon zu
verdanken. Leuten mit bestimmten Berufen, unter anderem Zigarrenarbeitern,
wurde die problemlose Einreise zugesagt. Klara und Siegfried
beantragten daraufhin ein Visum beim amerikanischen Konsulat
in Frankfurt (die Philippinen waren von den USA noch nicht völlig
in die Selbstständigkeit entlassen). Einen Tag nach dem Novemberpogrom
1938 wurde Siegfried inhaftiert und in das KZ Dachau gebracht.
Wenig später erhielt Klara den Bescheid, dass das Visum bewilligt
war. Sie reiste mit dem Zug nach Frankfurt und legte dort die
Situation dar. Der Konsul erklärte daraufhin schriftlich, Siegfried
müsse dringend persönlich erscheinen, um sein Visum in Empfang
zu nehmen und dann auf die Philippinen auszureisen, wo ihn eine
amerikanische Firma eingestellt habe. Mit diesem Brief in Händen
erreichte Klara bei der Gestapo die Freilassung ihres Mannes.
Er brachte schwere Narben aus dem KZ mit und sprach nie über
das, was er dort erlebt hatte. Im Februar 1939 schiffte er sich
nach Manila ein, Klara folgte knapp ein halbes Jahr später (14.
September 1939) und konnte auch Siegfrieds Vater mitnehmen.
Siegfried arbeitete in der Zigarrenfabrik »Helena«. Nach der
Schließung der Firma 1941 führte das Ehepaar einen Wurstladen.
Beide überlebten die Eroberung der Philippinen durch Japan ebenso
wie die Rückeroberung durch die USA. Im Mai 1946
konnten sie in die USA übersiedeln.
Sie arbeiteten in New York bei »Barton’s Chocolate«, einer bekannten
Schokoladenfabrik.
Im Oktober 1992 hat Claire Straußer zusammen mit anderen emigrierten
Augsburger Juden ihre Heimatstadt besucht.
Claires Ehemann Siegfried (»Fred«) starb 1992 in New York.
Claire Strausser, geb. Thanhauser, ist 2002 ebenfalls in New
York gestorben.
Klaras Eltern und Bruder überlebten die Judenverfolgung nicht:
Die Eltern wurden Anfang April 1942 nach Piaski in Polen verschleppt.
Klaras Bruder Heinrich lebte seit Juni 1940 als Landarbeiter
in einem »Jüdischen Umschulungslager« in Bielefeld, wo er faktisch
Zwangsarbeit leistete. Über Zeitpunkt und Zielort von Heinrichs
Deportation gibt es widersprüchliche Angaben; jedenfalls wurden
alle bis dahin verbliebenen Insassen dieses Lagers im März 1943
nach Auschwitz deportiert.
Siehe Monika Minninger, Joachim Meynert, Friedhelm
Schäffer, Antisemitisch Verfolgte, registriert in Bielefeld
1933-45. Eine Dokumentation jüdischer Einzelschicksale,
Bielefeld 1985, S. 221, Nr. 1051 (zu Heinrich Thanhauser).
Joachim Meyert, Friedhelm Schäffer, Die Juden in der Stadt
Bielefeld während der Zeit des Nationalsozialismus, Bielefeld
1983, S. 103-106, 120f. (zur Deportation der Juden aus dem Bielefelder
»Umschulungslager«).
Literatur:
Frank Ephraim, Escape to Manila. From Nazi Tyranny
to Japanese Terror, Urbana – Chicago 2003.
Eva-Maria Knab, »›Hände zur Versöhnung ausgestreckt‹. Jüdische
Gäste suchen am Lech eigene Erinnerungen und neuen Kontakt zur
Heimat«, in: Augsburger Allgemeine Zeitung vom 20. Oktober
1992. |