Biografien   Edith Weil
Edith Weil
geb. 1924, Vater Kaufmann, Wohnung Alpenstraße 15, Firma Leitershoferstraße 40

Ediths Eltern waren Hermann Weil (geb. 1883 in Buchau am Federsee) und Selma, geb. Oberdorfer (geb. 1893 in Hainsfarth). Edith hatte einen älteren Bruder, Leo (geb. 1922).
Auch Hermanns älterer Bruder Siegfried, der Vater von
Gertrud und Marianne Weil, und sein jüngerer Bruder Julius (geb. 1887) lebten in Augsburg. Hermann und Siegfried waren Teilhaber der »Motoren- und Maschinenfabrik Augsburg-Pfersee«. 1931 musste der Betrieb wegen hoher Schulden verkauft werden, Siegfrieds Sohn Arie Weil ist überzeugt, dass dabei auch schon politische Gründe im Spiel waren (Auskunft im Jahr 2005).
Edith besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1935 bis 1938 in den Klassen 1–4. Mit fast 14 Jahren war Edith durch Ministerialerlass gezwungen, am 14. November 1938 während des Schuljahres ohne Abschluss die Schule zu verlassen.
Ediths Vater und kurz darauf auch sie selbst flohen 1938 in die Niederlande. Während Hermann bis 1940 in einem Internierungslager lebte, verbrachte Edith einige Zeit in Wieringen in einem Schulungslager, wo junge Juden Fertigkeiten erlernen sollten, die ihnen nach der Auswanderung in Palästina von Nutzen wären. Später arbeitete sie beim Judenrat in Amsterdam – in einer Organisation, »die auf deutschen Befehl die zur Deportation vorgesehenen Juden zu registrieren hatte; sie galt deshalb selbst als gesperrt für die Deportation« (G. Römer in »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«). Nach Aussage von Ediths Bruder Leo lehnten es Hermann und Edith ab, sich von ihm nach Frankreich schleusen zu lassen, weil sie sich vor der Deportation geschützt glaubten. Von Amsterdam aus wurden beide dennoch im Dezember 1943 oder Januar 1944 nach Auschwitz deportiert, wo sie am 28. Januar 1944 ermordet worden sein sollen
.
Ediths Mutter Selma war bei ihrer eigenen Mutter in Augsburg geblieben. Karoline Oberdorfer, geb. Steiner (geb. 1864), wurde am 31. Juli 1942 über München nach Theresienstadt deportiert und starb dort nach wenigen Tagen am 13. August.
Selma wohnte zuletzt in der Halderstraße 6 (neben der Synagoge). Sie leistete von August 1942 bis Anfang März 1943, so wie viele jüdische Frauen und Mädchen, Zwangsarbeit in der Augsburger Ballonfabrik. Im März 1943 wurde Selma nach Auschwitz oder in ein anderes osteuropäisches Konzentrationslager deportiert.
Ediths Bruder Leo wohnte seit 1936 in Amsterdam bei seinem Onkel Herbert Oberdorfer. Im Februar 1941 entkam er einer Razzia der Deutschen und lebte seitdem im Untergrund. Er arbeitete in den Niederlanden und in Frankreich im Widerstand, überlebte Folter und Inhaftierung in mehreren Lagern und vegetierte als Typhuskranker in Theresienstadt, als dieses Lager 1945 befreit wurde. Nach dem Krieg lebte er in Paris und Amsterdam, bis er 1951 nach Sao Paulo auswanderte.
Der Name von Edith Weil ist auf einer Glastafel der Schoa-Gedenkstätte aufgeführt, die im Augsburger Rathaus zu besichtigen ist (Künstler: Klaus Goth).

Literatur
:
Gernot Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007, S. 379f.
Gernot Römer, »Wir haben uns gewehrt.« Wie Juden aus Schwaben gegen Hitler kämpften und wie Christen Juden halfen, Augsburg 1995, S. 63–74 (zu Leo Weil).
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