Biografien   Johanna Landmann
Johanna Landmann
geb. 1921 In Augsburg (in den Schul-Jahresberichten ist kein Geburtsort angegeben), Vater Kaufmann, Wohnung Hermanstraße 3, Fabrik Ravenspurgerstraße 41

Johannas Vater
war der Pelzwarenhändler Joseph Landmann (geb. 1895 in Zaslaw, Galizien, heute Izyaslaw, Ukraine). Johannas Mutter hieß Regina, geb. Grünebaum (geb. 1891 in Hellstein). So wie Johanna besuchten auch ihre Schwester Irma Landmann und ihre Cousine Auguste Wolf die Maria-Theresia-Schule. Johanna hatte einen älteren Bruder, Heinz (geb. 1920).
Johanna besuchte die Maria-Theresia-Schule von 1932 bis 1936 in den Klassen 1–4. Zusammen mit ihrer Cousine Gusti Wolf ging sie am 2. April 1936 ohne Abschluss von der Schule ab. Beide Mädchen wurden, wie zuvor schon Liselotte Stein, im Mittelschulzweig der Klosterschule St. Elisabeth (Franziskanerinnen-Kloster Maria Stern) aufgenommen. In derselben Klasse war auch Margot Herrmann (geb. 1921), die vom A. B. von Stettenschen Institut kam (Margot wurde 1942 nach Piaski in Polen deportiert). Schwester M. Edelwina (geb. Kunigunde) Hutzmann, die damals dieselbe Klasse besuchte und seit 1945 vorwiegend als Handarbeitslehrerin wieder an St. Elisabeth tätig war, erinnert sich heute noch lebhaft an das liebevolle Verhältnis, das ohne Ansehen der Religion zwischen den Schülerinnen herrschte (Interview Oktober 2005).
Im Mai 1937 feierte Johanna zusammen mit acht anderen jüdischen Mädchen ihre »Konfirmation« in Augsburg
(Batmizwah: Fest der religiösen Mündigkeit für jüdische Mädchen, kann individuell am Sabbat nach dem 12. Geburtstag des Mädchens begangen werden, wurde in Augsburg aber, ähnlich wie die protestantische Konfirmation, jährlich oder in noch größeren Abständen für mehrere Jahrgänge gemeinsam abgehalten).
Nach dem Novemberpogrom 1938 wurden Johannas Bruder Heinz und ihr Vater Joseph verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Da sie beweisen konnten, dass ihre Auswanderung bereits beantragt war, wurden sie nach einigen Wochen freigelassen. Über England emigrierte zunächst Joseph, dann auch Heinz in die USA; während Heinz noch in London wartete, konnten auch seine Mutter und seine beiden Schwestern in die USA reisen. Heinz kam als amerikanischer Soldat Henry Landman 1945 bei der Einnahme der Stadt nach Augsburg zurück.
In Amerika hielt Johanna Kontakt mit dem früheren Augsburger Rabbi Ernst Jacob. Im fünften seiner Rundschreiben an die zerstreute jüdische Gemeinde Augsburgs, im April 1943 von Springfield (Missouri) aus versendet, zitiert Ernst Jacob aus einem Brief Johannas: »Ich möchte eine gute und loyale Amerikanerin werden. Aber die Lehren, die ich in Deutschland bekommen habe, werden mich alle Zeit erinnern, nie mein Erbteil zu verleugnen, eine immer bessere und bessere Jüdin zu werden all mein Leben lang.«
Während des Krieges war Johanna, die sich jetzt »Joan« nannte, Hilfsschwester in einem New Yorker Krankenhaus. Sie heiratete Sol Weinstein; das Ehepaar bekam eine Tochter. Joan arbeitete als Pelznäherin.
Joan Weinstein, geb. Johanna Landmann, ist 1970 in New York gestorben.
Johannas Großeltern Gerson (geb. 1858) und Sofie Landmann (geb. 1868) waren 1901 aus Galizien nach München gezogen. Sie wurden im Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert und lebten dort nur noch wenige Tage: Sofie starb am 19. Juni, Gerson am 13. Juli 1942.

Siehe
Richard Landman, »Photo Album for the Landman Family of Augsburg, Germany«, im Internet: www.infotrue.com/landman.html (Stand: Mai 2008).
Andreas Heusler, Brigitte Schmidt, Eva Ohlen, Tobias Weger u. Simone Dicke, Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933–1945, Bd. 1 (A–L), hrsg. vom Stadtarchiv München, München 2003, S. 777 und 779 (zu Gerson und Sofie Landmann).
Zwei Briefe Johanna Landmanns, ca. 1942/43; Auszüge bei Ernst Jacob, Rundschreiben Nr. 5 (April 1943) und 6 (September 1943), in: Gernot Römer (Hrsg.), »An meine Gemeinde in der Zerstreuung«. Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941–1949, Augsburg 2007, S. 65–73, hier S. 68f., und S. 74–80, hier S. 78.

Literatur:
Gernot Römer, Die Austreibung der Juden aus Schwaben. Schicksale nach 1933 in Berichten, Dokumenten, Zahlen und Bildern, Augsburg 1987, S. 219–227.
Gernot Römer, »Wir haben uns gewehrt.« Wie Juden aus Schwaben gegen Hitler kämpften und wie Christen Juden halfen, Augsburg 1995, S. 82 und 87–101.
Paul Rosenau und Henry
Landman, »Erinnerungen an die 20er und 30er Jahre in Augsburg«, in: Peter Fassl (Hrsg.), Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben II. Neuere Forschungen und Zeitzeugenberichte, Stuttgart 2000, S. 319–337.
Irmgard Hirsch-Erlund, Irmgard. Eine jüdische Kindheit in Bayern und eine Vertreibung, hrsg. von Gernot Römer, Augsburg 1999, S. 96f. (zur Batmizwah 1937).
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