Schulchronik: Das Schuljahr 1942/43  
   
 
(Oberschule: September 1942 bis Juli 1943
Mittelschule: April 1942 bis April 1943)
 
  Freiheitsbeschränkungen für Juden   Regierungspräsident K. Wahl, 1942       Piaski, Izbica, Theresienstadt   Meldung vom 9.7.1942       Lehrer-Konferenz-Protokoll vom 31.8.1942       Bekanntgabe des M.E. vom 7.8.1942 »Zulassung jüdischer Mischlinge zum Schulbesuch «.       Protokoll vom 15.10.1942   Protokoll vom 29.10.1942                   9. März 1943   Auschwitz   Protokolle vom 13.3. und 15.3.1943   Protokoll vom 13.7.1943   Otto Schwerdt  
         
Deportationen von ehemaligen MT-Schülerinnen

März bzw. April 1942 nach Izbica:
Rosa Steinfeld (geb. 1890)
Klara Wolf (geb. 1901)

April 1942 nach Piaski:
Klara Berberich (geb. 1886)
Gella Deller (geb. 1888)
Theri Fleischmann (geb. 1922)
Emma Heilbronner (geb. 1888)
Hildegard Levinger (geb. 1918)
Gertrud Loeb (geb. 1921)
Elsa Neumayer (geb. 1884)
Ernestine Obernbreit (geb. 1895)
Selma Reis (?) (geb. 1891)
Frieda Thanhauser (geb. 1891)
Emma Wolfsheimer (geb. 1886)

 


Juli 1942 nach Theresienstadt:
Selma Rosenfelder (geb. 1906)

August 1942 nach Theresienstadt:
Frieda Heymann (geb. 1886)

August 1942 von Gurs nach Auschwitz:
Marie Bach (geb. 1902)

September 1942 von Gurs nach Auschwitz:
Rosa Lieblich (geb. 1887)

September 1942 nach Theresienstadt:
Sophie Heimann (geb. 1883)
Silva Krailsheimer (geb. 1890)
                                                                       
  Untersagt wurde die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn der Arbeitsplatz weniger als sieben Kilometer oder die Schule weniger als fünf Kilometer entfernt war (24.4.1942), das Halten von Haustieren (15.5.1942), die Benützung von Fahrkartenautomaten.

Abliefern aller Pelz- und Wollsachen (von Mänteln mit Pelzkragen musste dieser abgetrennt werden), Skier, Ski- und Bergschuhe

Abliefern aller elektrischen Geräte, Schreib-maschinen, Fahrräder, Fotoapparate, Ferngläser

  »In Augsburg wurde durch Anordnung des Oberbürgermeisters die Einkaufszeit für Juden auf die jeweils erste Verkaufsstunde des Tages festgesetzt; der Besuch des Stadtmarktes wurde ihnen verboten. Der Oberbürgermeister berichtet hiezu, dass diese Regelung von der Bevölkerung begrüßt wurde. Es konnte aber bereits festgestellt werden, dass nun nichtjüdische Personen für Juden auf dem Wochenmarkt einkaufen …«

»In den letzten Wochen sind aus dem Regierungsbezirk ...

    »Piaski und benachbarte Orte waren Ziele der ersten Deportation aus Deutschland überhaupt gewesen. 800 Stettiner Juden hatten die braunen Machthaber dorthin im Februar 1940 ›ausgesiedelt‹. Im April 1942 wurden in einem Transport aus Bayern auch zahlreiche Schwaben dorthin deportiert. Wer nicht den Lebensumständen im Ghetto sowie der Zwangsarbeit beim Torfstechen zum Opfer fiel, starb in den Vernichtungslagern Belzec und Sobibor. Keiner der bayerischen Deportierten kehrte lebend zurück.« ...
  »In Augsburg hat ein 75jähriger Jude wegen bevorstehender Evakuierung Selbstmord verübt.« Josef Fleischmann nahm sich am 19.6.1942 75jährig das Leben.
6.9.1942: Selbstmord eines Rentners – »Beweggrund: Bevorstehende Abwanderung«. Selbstmordversuche »in drei Fällen durch Einnehmen von Schlaftabletten wegen bevorstehender Abwanderung (Jüdinnen)«. Clementine (Dina) Heymann und ihre Schwester Ida nahmen sich am 12.8.1942 vor der Deportation nach Theresienstadt im Alter von 59 bzw. 57 Jahren das Leben.
(G. Römer, Der Leidensweg)
    Tagesordnungspunkt »Einführung des Anstalts-vorstandes Oberstudiendirektor Dr. L. Sohr durch den Referenten des Städtischen Schulwesens, Stadtschulrat H. Zwisler«:

»Wechsel in der Führung. OStD Dr. F. Germann schied am Ende des letzten Schuljahres nach 32jähriger, ersprießlichster Tätigkeit infolge vorgerückten Alters (67. Lebensjahr) aus dem aktiven Dienst. OStD Dr. L. Sohr, der bisherige Leiter der Oberschule für Mädchen mit Schülerinnenheim am Frauentor, wurde durch Verfügung des Oberbürgermeisters vom 26.7.1942 mit der künftigen Leitung der Anstalt betraut ...

    Nun müssen auf ministeriellen Erlass auch »Mischlinge 1. Grades« mit Erreichen des nächsten Abschlusses die Haupt-, Mittel- und Höheren Schulen verlassen.     »Die gemäß M.E. vom 29.9.1942 angeordnete Überprüfung der Lehrerbücherei ist im Gange. Ältere Werke oder Schrifttum jüdisch versippter Autoren werden entfernt.«   »Eltern- und Hausmusikabend unter der neuen Leitung im Großen Saal des Ludwigsbaues in Augsburg, anwesend etwa 1000 Personen, der zuständige Ortsgruppenleiter der NSDAP Pg. Racek, die Bannmädelführerin von Augsburg-Stadt Pgn. Bertl Renner.«     Dr. Wüst, Lehrer am MT für Chemie, Biologie, Erdkunde, am 20.7.1942 zur Wehrmacht – Fliegerhorst Fürstenfeldbruck – einberufen, in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, war nach 1945 nicht wieder am MT tätig. Eine Reihe von Lehrern wurde zwischen 1939 und 1944 zur Wehrmacht eingezogen. Alle kehrten wieder aus dem Krieg zurück.  
Am 7. März 1943 hatte Erika Charon ihren 15. Geburtstag. Sie musste bereits im November 1938 das MT verlassen.
 
Deportationen von ehemaligen MT-Schülerinnen

Januar 1943 von Theresienstadt nach Auschwitz:
Sophie Heimann (geb. 1883)

März 1943 nach Auschwitz:
Erika Charon (geb. 1928)
Irma Hummel (geb. 1903)
Else Neuburger (geb. 1905)
Selma Reis (?) (geb. 1891)
Gertrud Weil (geb. 1920)
Marianne Weil (geb. 1922)

April 1943 nach Theresienstadt:
Martha Fleischmann (geb. 1903)
  Aus Augsburg (Bahnhof Morellstraße) und mehreren Orten Schwabens werden jüdische Männer, Frauen und Kinder zuerst nach München, einige Tage später nach Auschwitz deportiert. Am 9.3.2003 schreibt Gernot Römer in der Augsburger Allgemeinen anlässlich des 60. Jahrestages der Auschwitz-Deportationen aus Schwaben: »Der schwäbische NS-Gauleiter Wahl will vom Schicksal der deportierten Juden erst nach dem Zusammenbruch des braunen Terrorstaats erfahren haben. Viele Juden dagegen wissen oder ahnen, dass ihnen Schreckliches bevorstehen würde. In Augsburg nehmen sich vor der Abfahrt dieses Transports drei Ehepaare das Leben. Ein viertes will ebenfalls gemeinsam in den Tod gehen, doch die Frau überlebt. Gnadenlos wird auch sie ...   Auschwitz war das größte der Vernichtungslager, in denen die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs Menschen, vor allem Juden, ermordeten. Der Ort liegt im südlichen Teil Polens. Auschwitz bestand aus drei selbstständigen Lagerbereichen und zahlreichen Außenlagern in Oberschlesien. Arbeitsfähige Häftlinge mussten in den Lagern Zwangsarbeit verrichten. Wer dazu nicht mehr in der Lage war, hatte kaum eine Chance, den Gaskammern zu entgehen. Zwischen 1 und 1,5 Millionen Menschen sind in Auschwitz ermordet worden.
(nach G. Römer, Mutti war Jüdin)
  Kriegsreifeprüfung, deutscher Aufsatz:

»Der Krieg ist nicht nur ein Zerstörer, sondern auch ein großer Gestalter.«

Betr. Aufnahme der Neueintretenden in die 1. Klasse der Mädchenmittelschule, deutscher Aufsatz:

»a. Wie das deutsche Mädchen siegen hilft. b. Ein Fronturlauber besucht uns. c. Als ich einmal Hausmütterchen war.«

  Tagesordnungspunkt »Schulveranstaltungen«: »Um die Beziehungen zwischen den einstigen Schülerinnen und der Anstalt lebendig zu erhalten, wurde im Februar im Kleinen Saal des Ludwigsbaues ein gemütlicher Abend der ›Vereinigung Ehemaliger Schülerinnen‹ abgehalten, bei dem in Film, Ton und Sang sowie gymnastischen Vorführungen Unterhaltung und Freude geboten wurde.«   Otto Schwerdt, geb. 1923, wurde im August 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Er überlebte die Zeit im Lager und berichtete bei einem Besuch am MT im Juni 2003 vor etwa hundert Schülern und Lehrern.
Aus seinen Erinnerungen Als Gott und die Welt schliefen:
»Es war ein warmer, sonniger Augusttag. Nach der Selektion an der Rampe brachten sie mich in den Block 14 des Quarantänelagers ...