Ruth Kahn
geb. 1913 in Augsburg, Vater
Fabrikbesitzer (»Kahn & Arnold«), Am Sparrenlech
Ruths Eltern waren Berthold Kahn (geb. 1879) und Charlotte,
geb. Schreiber (geb. 1892). Berthold war wie sein Bruder Alfred
(geb. 1876) Teilhaber der Spinnerei und Weberei »Kahn & Arnold«.
Alfred war verheiratet mit Gertrud, geb. Schreiber; Berthold
hatte auf der Hochzeit seines Bruders die Schwester der Braut
kennengelernt, Charlotte, die er später heiratete.
Berthold hatte aus einer früheren Beziehung einen Sohn, Joachim
(geb. 1907), den er zu sich nahm, nachdem Joachims Mutter bei
einem Autounfall ums Leben gekommen war (Joachim heiratete später
Gertrud Lerchenthal). Außerdem hatte Ruth einen jüngeren
Bruder, Hans Günther Kahn (geb. 1918). Sie war eine Nichte von
Elisabeth (Else)
Kahn, verh. Eckert, und eine Cousine von deren Tochter,
Eva Eckert.
Ruth besuchte nur zwei Jahre lang, 1926–1928, die Maria-Theresia-Schule
in den Klassen 4 und 5. Es muss eine schwierige Zeit für sie
gewesen sein, denn als 13-jährige Schülerin erlebte sie die
Scheidung ihrer Eltern (1926); die Kinder blieben beim Vater,
ein damals ungewöhnlicher Weg.
Das Abitur legte Ruth in Montreux ab. Danach studierte sie Radiologie
an der Universität Zürich. Dort lernte sie junge Mediziner aus
New York kennen, die in der Schweiz studierten, weil sie durch
die »jewish quota« (eine Art Numerus clausus für Juden) in ihrer
Heimat daran gehindert wurden. Aufgrund dieser Bekanntschaft
emigrierte Ruth etwa 1935 nach New York.
Dort arbeitete Ruth zunächst als Kindermädchen und Sprechstundenhilfe.
1941 heiratete sie Kurt Rosenbaum (geb. 1903). Kurt war studierter
Jurist, die Nationalsozialisten hatten ihm jedoch 1933 verboten,
seinen Beruf auszuüben. So war er nach Chicago ausgewandert.
Um dort Jurist werden zu können, hätte er nochmals 1½ Jahre
studieren müssen. Statt dessen nahm er andere Arbeit an und
konnte dadurch auch die Emigration seiner Eltern finanzieren.
In Philadelphia, wo die Familie dann lebte, wurde 1943 Ruths
und Kurts Tochter Joyce geboren. Kurt arbeitete als Vertreter
einer Fabrik für Büroeinrichtung. Ruth war passionierte Hausfrau,
Köchin und Gärtnerin und liebte klassische Musik und Bridge.
Ruth Rosenbaum, geb. Kahn, ist 1964 in Philadelphia gestorben.
Das Unternehmen »Kahn & Arnold« wurde »arisiert«: 1940 erfolgte
der Verkauf an die NAK, die »Neue Augsburger Kattunfabrik«.
Wegen bestimmter Auflagen bekamen die Familien Kahn und Arnold
nichts für die Fabrik, nach dem Krieg kam ein Vergleich zustande.
Die Augsburger Familie Kahn wurde durch das Nazi-Regime über
die ganze Welt verstreut, von den älteren Familienmitgliedern
überlebten nicht alle die Verfolgung. Mangels Alternativen emigrierten
Ruths älterer Bruder Joachim, den sie sehr verehrte, ihr Vater
Berthold und dessen zweite Ehefrau Jossy nach Neuseeland. Ruths
jüngerer Bruder Hans, ihre Mutter Charlotte und deren zweiter
Ehemann wanderten hingegen nach Südamerika aus. Andere Familienmitglieder
ließen sich in New York nieder, darunter Ruths Tante Else Eckert
und deren Tochter Eva Eckert sowie Ruths Onkel Alfred und dessen
Frau Trude; zu diesen pflegte Ruth engen Kontakt, während sie
ihre beiden Eltern nicht mehr wiedersah.
Die Brüder Arnold wurden aus Augsburg deportiert und kamen in
Lagern ums Leben: Arthur Arnold starb in Dachau am 23. November
1941, Benno Arnold (1941 Vorstand der Augsburger jüdischen Gemeinde)
wurde zusammen mit seiner Ehefrau, Ruths Tante Anna, geb. Kahn
(geb. 1882), im August 1942 nach Theresienstadt deportiert,
wo Anna schon nach wenigen Wochen im September 1942 starb, Benno
im März 1944.
(Die meisten Angaben für diese
Kurzbiografie erhielten wir von Ruths Tochter Joyce Meltz.)
Briefe und Erinnerungen:
Brief von Joyce Meltz vom November 2006 an die Projekgruppe
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